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Nadler: "Als Spielerin mit der Perspektive von Trainerinnen auseinandersetzen"

Die DFB-Akademie hat einen ganz speziellen Lehrgang gestartet: Nationalspielerinnen, die seit mindestens sieben Jahren im Profifußball aktiv sind, können sich zu Trainerinnen ausbilden lassen. Im DFB.de-Interview erklärt Markus Nadler, einer der Initiatoren des Kurses und Abteilungsleiter in der Trainer Aus-, Fort- und Weiterbildung beim DFB, wie es dazu kam und warum Spielerinnen schon während der Karriere profitieren.

DFB.de: Herr Nadler, gemeinsam mit Ihrem Team und Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg haben Sie einen Trainerinnen-Lehrgang für Nationalspielerinnen initiiert. Was hat es damit auf sich?

Markus Nadler: Der Lehrgang ist ein normaler Ausbildungskurs, wie wir ihn für andere Trainer*innen auch anbieten – mit angepasstem, individualisiertem Format. Er orientiert sich an den Verfügbarkeiten der Spielerinnen. Für sie geht es im Prinzip darum, die Elite-Jugend-Lizenz zu erwerben.

DFB.de: Sie sprechen das besondere Format an. Wie sieht es genau aus?

Nadler: Wir haben am 1. Juni einen digitalen Kick-off veranstaltet. Das Ganze ist als Blended-Learning-Format über ein halbes Jahr angelegt. Es gibt Phasen, in denen die Spielerinnen Aufgaben zuhause oder im Verein, mit Mitspielerinnen, umsetzen können. Und es gibt Präsenzzeiträume. Zum Beispiel gibt es eine kompakte Präsenzzeit in Grünberg, die fünf Tage lang dauert. Dabei vermitteln wir auf dem Platz das Wissen, das die Spielerinnen benötigen. Danach gehen sie wieder in die Anwendungsphase zuhause. An zwei Terminen im September und Oktober führen wir die Ausbildung jeweils zu Beginn der Abstellungsperioden fort, gleiches gilt für die Prüfungen und Abschlussgespräche im November.

DFB.de: Worum ging es in der Auftaktveranstaltung?

Nadler: Zunächst haben wir uns in lockerer Atmosphäre kennengelernt. Martina Voss-Tecklenburg hat gesprochen, Tobias Haupt und Joti Chatzialexiou waren dabei. Alle drei haben betont, wie wichtig sie es finden, dass sich Spielerinnen noch während ihrer aktiven Laufbahn mit der Perspektive von Trainer*innen auseinandersetzen. Die Spielerinnen generieren Wissen, das ihnen auch auf dem Platz zugutekommt. Später sind wir direkt inhaltlich eingestiegen und haben uns mit dem Thema Coaching auseinandergesetzt. Es ging um die Rolle der Trainerin: Was sind die Aufgaben, wie sieht das Verständnis von Coaching aus, wie laufen Feedbackprozesse ab?

DFB.de: Die Bundestrainerin war es auch, die mit der Idee für einen solchen Kurs auf Sie zukam?

Nadler: Genau, zusammen mit Britta Carlson und Patrik Grolimund hat sie uns, der Abteilung Trainer Aus-, Fort- und Weiterbildung der DFB-Akademie, die Idee vorgestellt. Zuvor hatten sie schon mit Spielerinnen gesprochen, die ihr Interesse signalisiert haben. Patrik Grolimund, der Ausbilder bei uns und Co-Trainer der Frauen-Nationalmannschaft ist und Lennart Claussen, einer unserer DFB-Ausbilder, haben das Konzept weitergedacht und überlegt, wie wir es in den Alltag der Spielerinnen integrieren und zeitnah umsetzen können.

DFB.de: Verraten Sie uns, welche aktuellen Nationalspielerinnen teilnehmen und sich offenbar eine Trainerinnenlaufbahn vorstellen können?

Nadler: Insgesamt gibt es zwölf Teilnehmer*innen. Aus der Frauen-Nationalmannschaft sind Alexandra Popp, Lina Magull und Almuth Schult genau wie Laura Benkarth, Marina Hegering, Sara Däbritz, Sandra Starke, Linda Dallmann und Merle Frohms dabei.

DFB.de: Wie nehmen die Spielerinnen das Angebot wahr?

Nadler: Sie sind total happy. Alle freuen sich über die Chance, die wir ihnen bieten. Die Spielerinnen haben großes Interesse daran, die Trainerinnen-Sicht einzunehmen und sich persönlich weiterzuentwickeln. Das ist es auch, was wir in der gesamten Trainer*innen-Ausbildung in den Mittelpunkt stellen: Die Trainerin als Mensch. Was kann sie tun, um sich zu entwickeln und dadurch die Spieler*innen besser machen?

DFB.de: Und?

Nadler: Ich glaube, wir haben mit dem Kurs einen guten Start hingelegt. Wir können die vielfältigen Erfahrungen der Spielerinnen einfließen lassen, die sie als Privatpersonen, Fußballerinnen oder Studentinnen gemacht haben. Die Atmosphäre ist super. Alle sind an einem offenen Austausch interessiert. Es gab Diskussionen in Kleingruppen, Abstimmungen mit der großen Runde.

DFB.de: Der Mensch im Mittelpunkt, Stichwort Individualisierung. Passt der Kurs für Nationalspielerinnen deshalb in die größere Ausbildungsstrategie? Weg von der Lizenzpyramide, hin zur Lizenztreppe.

Nadler: Auf jeden Fall. Dahinter steckt eine Änderung der Haltung, die sich in der gesamten Trainer*innen-Ausbildung wiederfinden wird. Mit der Lizenztreppe kannst du individuellere Wege gehen. Das war den Teilnehmerinnen wichtig: In einen offenen Austausch zu kommen, über ihre persönlichen Erfahrungen zu sprechen. Das ist eine super Voraussetzung, um intensiv arbeiten zu können.

DFB.de: Hinzu kommt die Kursgröße …

Nadler: Richtig. Mit nur zwölf Teilnehmer*innen kannst du das Individuelle in den Vordergrund stellen. Unsere beiden Ausbilder Lennart Claussen und Patrik Grolimund können die Spielerinnen, die für eine Kurs-Teilnahme mindestens sieben Lizenzspielerinnenjahre hinter sich haben müssen, bestens abholen und auf ihre Bedürfnisse eingehen.

DFB.de: Lassen Sie uns den Kurs zum Abschluss in den größeren Zusammenhang einordnen, Herr Nadler. Welches Ziel verfolgt der DFB mit diesem Angebot?

Nadler: Es ist uns ein großes Anliegen, mehr Frauen für die Position der Trainerin zu begeistern. Das geht zum Beispiel über die individuellen Förderwege, über die wir gesprochen haben. Mit diesem Lehrgang machen wir weibliche Role Models sichtbar. Wenn Nationalspielerinnen die Trainerinnen-Ausbildung machen, als Multiplikatorinnen auftreten, ihr Wissen weitergeben, dann ist das eine super Sache. Und es kommt ihnen auch zugute, dass sie die Trainerinnenposition schon jetzt als Ziel für die Zeit nach der Karriere sehen. So kann ein geordneter Übergang klappen.

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