Trainingsphilosophie Deutschland

Die Herausforderung des deutschen Nachwuchsfußballs

Nach einer eingehenden Analyse sehen wir im Kinder- und Jugendfussball Optimierungsbedarf.

Die vier "negativen Entwicklungen"

Die Frage, wie sich Spieler*innen bestmöglich entwickeln, ist die Ausgangslage und das Fundament der "Trainingsphilosophie Deutschland". Wir haben vier Entwicklungen identifiziert, die die Talententwicklung insgesamt spürbar erschweren. Diese sind:

Einsätze von U21-Spielern in Profiligen

In England und Frankreich erhalten U21-Spieler drei- bis viermal so viele Einsatzminuten in Profiligen wie deutsche Talente. Das führt dazu, dass in der Breite die Qualität fehlt. Das bedeutet nicht, dass es keine guten Spieler gibt - im Gegenteil: Es gibt zahlreiche tolle Spieler, aber in der Spitze fehlt Deutschland derzeit die Breite.

Dropout-Quote

Eine weitere negative Entwicklung ist die hohe Anzahl der Abmeldungen von Mannschaften in höheren Altersklassen. Die Kinder verlieren im Laufe der Zeit die Freude am Fußballsport. Es muss gelingen, die Dropout-Quote zu verringern, sodass wieder ligenunabhängig möglichst lange gespielt wird.

Drei junge Fußballspielende © 2021 Philippka-Sportverlag
Gegnerorientierung

Vor einigen Jahren gab es kaum Gegneranalysen im Nachwuchsbereich. Durch die Analysen werden ca. 150 von 450 Trainingsminuten in den Leistungszentren für die Gegnervorbereitung genutzt. Somit verschob sich der Fokus von den Basics auf die "Taktisierung" und "Rondoisierung". Die Weltmeister von 2014 wurden in der Jugend noch gänzlich ohne das Wissen über den Gegner ausgebildet.

Der Blick nach oben

Ein weiteres Problem besteht darin, dass Nachwuchstrainer sich immer nach oben orientieren und Senioren- bzw. Profitraining im Jugendbereich durchführen. Ein A-Jugendtrainer schaut auf die Profis, ein B-Jugendtrainer auf die A-Jugend usw. Ein Profi braucht allerdings weniger Spielzeit in kleinen Spielformen, um am Wochenende Leistung abrufen zu können. Jugendliche hingegen benötigen deutlich mehr Nettospielzeit in kleinen Trainingsformen, um sich entwickeln zu können.

Mein A-Jugend-Trainer hat sich nur darum gekümmert, wie es uns geht und wie wir besser werden. Videoanalysen oder abgestimmtes Training auf Grundlage von Gegnerwissen war überhaupt kein Thema.
Hanno BalitschKompetenzteam "Trainingsphilosophie Deutschland"