Wenn die Türkei im Eröffnungsspiel der Europameisterschaft auf Italien trifft, sind die Augen vor allem auf Burak Yilmaz gerichtet. Der 35-Jährige befindet sich zum Spätherbst seiner Karriere in einer hervorragenden Verfassung und war mit 16 Toren und 5 Vorlagen in der abgelaufenen Saison ein Schlüsselspieler für den Überraschungserfolg des OSC Lille. Was zeichnet den Mittelstürmer aus und worauf müssen seine Gegner sich einstellen?

Konstanz vor dem Tor

Burak Yilmaz spielte in seiner Karriere bereits für neun verschiedene Vereine - sieben davon in der Türkei. Dabei agierte er immer als zuverlässiger Torjäger. Seit der Spielzeit 2010/11 verpasste er nur einmal einen zweistelligen Wert bei der Anzahl der Ligatore, obwohl er häufig nur die Hälfte der Spiele bestritt. In einer Vielzahl der Spielzeiten erzielte Yilmaz im Schnitt ein Tor je 100 Minuten - eine beeindruckende Statistik. Eine seiner großen Stärken ist dabei sein Torinstinkt. Häufig bewegt er sich eher unbeteiligt am Spiel auf Höhe der gegnerischen Verteidigungskette und startet dann ganz plötzlich in die Schnittstelle. Seine gute Antizipation von Pässen und Abprallern hilft ihm, sich meist in richtiger Position vor dem Tor zu befinden. In Tornähe setzt er seinen Körper geschickt ein und schirmt den Ball effektiv ab. Dadurch schafft er es fast immer, einen Torschuss abzugeben - auch wenn er von mehreren Gegenspielern umgeben wird.

Flexibel und beidfüßig

Yilmaz zeigt sich in seinen Torabschlüssen sehr flexibel. Eine große Stärke ist dabei seine Beidfüßigkeit. Auch aus größerer Distanz kann er mit seinem eigentlich schwächeren linken Fuß scharf und präzise Schüsse aufs Tor bringen. Dadurch ist er für seine Gegenspieler nur schwer zu verteidigen. Hat Yilmaz zu viel Raum, kann er beidfüßig aufs Tor abschließen - ist sein Gegenspieler zu nah an ihm dran, kann sich Yilmaz in beide Richtungen eindrehen und ist somit nur schwer vom Ball zu trennen. Darüber hinaus verfügt er mit seinen 1,88 Metern über ein sehr gutes Kopfballspiel und erwies sich in den letzten Jahren als treffsicherer Freistoß- und Elfmeterschütze.

Zurückfallender Zielspieler

Obwohl Yilmaz von seinem Fähigkeitenprofil und seiner Physis eher an einen klassischen Strafraumstürmer erinnert, lässt er sich gerne ins Mittelfeld zurückfallen und beteiligt sich häufig am Spielaufbau. Hier wird er zumeist als zurückfallender Zielspieler genutzt, um Gegenspieler aus ihren Positionen zu ziehen und Räume für Mitspieler zu öffnen. Yilmaz wird gerne im "Spiel über den Dritten" eingesetzt, bei dem er seine Mitspieler durch seinen sehr guten ersten Kontakt präzise und intelligent in Szene setzen kann. Nach seiner Zielspieleraktion startet Yilmaz sofort wieder mit Tempo ins letzte Drittel, um dort mit Schnittstellenpässen oder Chipbällen über die Verteidigung eingesetzt zu werden. Dieser Ablauf hat den Vorteil, dass Yilmaz, der zwar eine gute Grundschnelligkeit besitzt, auf Grund seiner Größe jedoch Antrittsschwierigkeiten vorweist, das Mittelfeld als "Beschleunigungsbereich" nutzen kann.

Ausblick

Yilmaz hat beim OSC Lille gezeigt, dass er auch außerhalb der Türkei in einer Topliga ein Unterschiedsspieler sein kann. Die Europameisterschaft ist erst sein zweites großes internationales Turnier und gleichzeitig womöglich auch sein letztes. Mit seiner Erfahrung wird Yilmaz darüber hinaus auch als Führungsspieler agieren müssen. Das Spiel der Türkei ist auf einen abschlussstarken Zielspieler ausgelegt - der Turniererfolg wird auch und vor allem von Yilmaz abhängig sein. Zusammen mit Vereinsteamkollege Yusuf Yazıcı wird er auf jeden Fall mit viel Selbstvertrauen in das Turnier starten - ein nicht zu unterschätzender Faktor für einen Stürmer. Bereits im ersten Gruppenspiel wird er dieses Selbstvertrauen im Duell mit Italiens Innenverteidiger-Duo Giorgio Chiellini und Leonardo Bonucci mit Sicherheit brauchen.