Das Trainingsmodell W-A-S-I-C

Ein Konzept, das alle Anforderungen des Torwartspiels umfasst und Orientierung gibt.

Um die Torhüter*innen in den unterschiedlichen Alters- und Leistungsklassen bestmöglich aus- und weiterbilden zu können, setzt der DFB auf die Trainingskonzeption W-A-S-I-C. Die einzelnen Buchstaben stehen für die unterschiedlichen inhaltlichen Bausteine des Torwarttrainings und verleihen ihm eine gewisse Struktur. Dennoch können die Torwarttrainer*innen individuell, altersgerecht und schwerpunktorientiert vorgehen, da es keine zeitlichen Vorgaben pro Inhaltselement gibt.

W | Warm Up

Jede Trainingseinheit beginnt mit dem Warm Up, das sich in das Pre-Warm Up, welches zum Beispiel im Kraftraum stattfinden kann, und das allgemeine Warm Up unterteilen lässt. Im ersten Teil des Trainings sollten fünf Basiselemente berücksichtigt werden. Es ist unumgänglich, dass die Torhüter*innen eine physische Erwärmung bzw. Mobilisation erhalten. Dabei wird das Herz-Kreislauf-System aktiviert, wodurch der Körper auf den Hauptteil des Torwarttrainings vorbereitet wird. Eine kognitive Erwärmung und leichte koordinative Aufgaben runden das ideale Warm Up ab. Vorwiegend sollten dabei die Ball- und Bodengewöhnung sowie die Verletzungsprävention im Fokus stehen – bei einer Intensität zwischen 70 und maximal 100 Prozent.

  1. Warm Up = Trainingsvorbereitung Off-Pitch oder On-Pitch

    • Intensität der Ausführung: zwischen 70 – 100%​

    • Entscheidungsanteil: eher gering​

    • Komplexanteil: eher gering

    Fokus:

    • Verletzungsprävention​

    • Training konditioneller Elemente​

    • Ball- & Bodengewöhnung​

    • „Brain-Activity“​

    Nach Möglichkeit Orientierung am Trainingsschwerpunkt​

    • Verbesserung der athletischen Voraussetzungen der Torhüter*innen​

      • Orientiert an Stärken- und Schwächenprofil (Abstimmung mit Athletiktrainer*innen)​

    • Allgemeine und spezifische Erwärmung der Torhüter*innen für den Trainingsschwerpunkt​

    • Soziale Beziehung zu Torhüter*innen pflegen

A | Analytisch

Im analytischen Teil des Torwarttrainings liegt der Fokus auf der Verbesserung der torwartspezifischen Techniken. Für die Torwarttrainer*innen gilt, sich beim Coaching auf die technischen Schwerpunkte zu konzentrieren. Das Coaching-Verhältnis sollte hier bei 80:20 (Technik:Taktik) liegen.

Lernziele können dabei aus Analysen hervorgehen. Die Torwarttrainer*innen sollten in diesem Trainingsabschnitt das Ziel verfolgen, die "torwartspezifische Werkzeugkiste" allgemein und spezifisch stetig zu erweitern und Abläufe zu stabilisieren.

  1. Analytisch = Automatisierung der Techniken:

    • Grundtechniken ​

    • Situationsspezifische Techniken ​

    • Intensität der Ausführung 100%​

    • Entscheidungs- & Komplexanteil überwiegend gering​

    Fokus:

    • Techniken erlernen ​

      • methodische Reihen​

      • überwiegend angesagte Bälle​

    • Torhüter*innen stehen lassen ​

    • In spielnahen Positionen trainieren ​

      • externe Störfaktoren (kognitiv, phychisch) einbauen​

    • Verbesserung der technischen Fähigkeiten der Torhüter*innen​

      • Konzentration auf technische Details​

    • Auswahl & Anwendung verschiedener Coaching-Tools, um Torhüter*innen beim Erlernen von Bewegungen zu unterstützen

S | Situativ

Im situativen Teil des Trainings geht es für die Torhüter*innen darum, spielnahe Entscheidungen zu treffen. Hierbei sollen die "richtigen" Techniken im "richtigen" Moment angewendet werden. Dabei wird versucht, im Rahmen des Torwarttrainings das taktische Entscheidungsverhalten zu optimieren. Entsprechend ist das Coachingverhältnis 80:20 (Taktik:Technik) orientiert.

  1. Situativ = Spielnahe Entscheidungen treffen:

    • Spielnahe Winkel, Positionen und Abstände​

    • Berücksichtigung von Gegner-, Raum- und Zeitdruck (ggf. Feldspieler integrieren)​

    • Hohes Spiel- und Schusstempo ​

    • Intensität der Ausführung: 100%​

    • Entscheidungsanteil: mittel- hoch ​

    • Komplexanteil: mittel - hoch ​

    Fokus:

    • Anpassung an den Rhythmus des Balles​

    • Überwiegend bewegte Bälle​

    • Überwiegend freie Abschlüsse​

    • Wenig Hilfsmittel, reale Spielsituationen simulieren

    • Verbesserung der taktischen Fähigkeiten der Torhüter*innen​

      • Konzentration auf taktische Entscheidungen

I | Integrativ

Nun gilt es, die technisch-taktischen Fähigkeiten im Mannschaftstraining abzurufen. Durch das Agieren mit den Feldspieler*innen, das Treffen von Entscheidungen und das damit verbundene Sammeln von Erfahrungen wird das Torhüter*innenspiel nachhaltig geprägt. Die Torhüter*innen sollen selbstständig handeln, sodass u. a. "Big Picture-Momente" entstehen, die sie im Wettkampf wiedererkennen und anhand der gesammelten Eindrücke bestmöglich lösen. Für die Torwarttrainer*innen bedeutet dies, dass sie nun nur noch dosiert coachen.


Außerdem ist das Ziel des integrativen Trainings, das Zusammenspiel von Feldspieler*innen und Torhüter*innen zu verbessern. Dadurch lässt sich das mannschaftstaktische Verhalten beim gemeinsamen Angreifen und beim gemeinsamen Verteidigen aufeinander abzustimmen, um so die Wahrscheinlichkeit von erfolgreichem Handeln zu erhöhen.

  1. Integrativ = im Mannschaftstraining abrufen:

    • Einbindung der Torhüter*innen in das Mannschaftstraining​

    • Maximale Spielnähe durch Situationen mit Mit- und Gegenspielern​

    • Intensität der Ausführung: 100%​

    • Entscheidungsanteil: höchste torwart- und mannschaftstaktische Anforderungen 

    Fokus:

    • Zusammenspiel zwischen Torhüter*in und Feldspieler*innen verbessern​

    • Mannschaftstaktische Inhalte vermitteln​

      • Spezifische Gegnervorbereitung

    • Coaching und Verbesserung des Entscheidungsverhalten der Torhüter*innen​

    • Vorbereitung von mannschaftstaktischen Abläufen: ​

      • Verbesserung des Zusammenspiels von Torhüter*in und Feldspieler*innen

      • im Defensivverhalten ​

      • im Offensivverhalten

C | Cool Down

Im letzten Baustein der Trainingskonzeption liegt der Schwerpunkt auf der individuellen Regeneration der Torhüter*innen. Anhand der bisherigen Trainingsbelastung können die regenerativen Maßnahmen unterschiedlich ausfallen. Ziel ist es in jedem Fall, dass alle Torhüter*innen (unabhängig von der Belastung) für das nächste Training sowohl physisch als auch psychisch erholt sind.

  1. Cool Down = individualisierter Regenerationsprozess:

    • Mögliche Regenerationsprozesse anbieten: ​

      • Eistonne​

      • Sauna​

      • BlackRoll​

      • Yoga​

      • Stretching / Mobilitation​

      • etc. ​

    Fokus:

    • Widerherstellung der Leistungsfähigkeit​

    • Schaffen einer entspannten Atmosphäre​

    • Regeneration den notwendigen Raum geben.

    • Entspannen und Regenerieren der Torhüter*innen
    • Verstärkung der erarbeiteten Trainingsschwerpunkte
    • evtl. Vorbereitung von Folgemaßnahmen (Training, Spiel)

Zusammenfassend ist die Trainingskonzeption darauf ausgerichtet, die Torhüter*innen bestmöglich auf Wettkampfsituationen vorzubereiten. In den ersten drei Trainingsbausteinen (Warm-up, Analytisch und Situativ) geht es vorrangig um das Erlernen und Verbessern der spezifischen Techniken. Im situativen Teil werden bereits taktische Reize gesetzt, eine vollständige Spielnähe ist jedoch nicht simulierbar.


Dies ist erst im integrativen Teil des Trainings möglich. Dort werden dann unter höchstem Raum-, Gegner-, Zeit- und Erfolgsdruck die verschiedenen Techniken im Mannschaftstraining angewandt.