Ein Coach für Trainer*innen
Wie Trainer*innen aus sportpsychologischer Sicht unterstützt werden können.

Trainer*innen tragen viel Verantwortung. Für ihre Spieler*innen, ihr Funktionsteam und die sportlichen Ziele, die gemeinsam mit dem Verein oder Verband gesetzt worden sind. Eine vertrauensvolle Begleitung durch eine weitere Person kann für Trainer*innen wertvoll sein, um sich auszutauschen, neue Perspektiven einzunehmen und Strategien zu entwickeln, um in Druck- und Stresssituationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Sportpsycholog*innen können genau das leisten und bei Coach-the-Coach-Ansätzen die perfekten Sparringspartner*innen sein.
Coach the Coach: Was nötig ist
Eine konsequente Begleitung von Trainerinnen und Trainern erfordert Zeit und Raum. Sie geht deutlich über die situative Betrachtung von einzelnen Trainingseinheiten oder Spielen hinaus. Da das Aufgabenprofil von Sportpsycholog*innen innerhalb eines Clubs vielfältig und umfangreich ausfällt, ist es eine strategische Entscheidung, ob sie im Trainer*innencoaching eingesetzt werden sollen. Möchte der Verein diese Unterstützung anbieten, bedarf es einer weiteren Grundvoraussetzung: Die Trainer*innen müssen das Coaching annehmen und bereit sein, sich auf den Perspektivwechsel einzulassen. Er oder sie entscheidet über die Zusammenarbeit – die Intention geht niemals von dem oder der Sportpsycholog*in aus. Ziel ist es nicht, die Arbeit der Trainer*innen zu bewerten. Stattdessen haben sie die Möglichkeit, sich einen weiteren Impuls von außen einzuholen.
Worum geht es?
- Nervosität am Spielfeldrand
Was ist das Ziel?
- Souveränität durch Emotionsregulation
Welche Maßnahmen können hilfreich sein?
- Begleitung des Trainers oder Trainerin und/oder Analyse durch Videocoaching
- Methoden für die Emotions- und Stressregulation lernen und trainieren
Worum geht es?
- "Abschalten" nach Spielen oder Trainingseinheiten nicht möglich
Was ist das Ziel?
- Raus aus der permanenten Anspannung
Welche Maßnahmen können hilfreich sein?
- Entspannungstraining, Meditation, Atem- und Achtsamkeitsübungen
Worum geht es?
- Die Halbzeitansprachen sind nicht zielgerichtet
Was ist das Ziel?
- Die Zeit (15 Minuten) besser nutzen, Team inspirieren, Inhalte konkretisieren
Welche Maßnahmen können hilfreich sein?
- Begleitung des Trainers oder der Trainerin und/oder Analyse durch Videocoaching
- Training und Weiterentwicklung der Techniken der Gesprächsführung
Selbstreflexion als Schlüssel
In den Gesprächen verfolgen die Sportpsycholog*innen den Ansatz, dass die Trainer*innen selbst die Antworten auf ihre Fragen finden. Sie lehren nicht, sondern sind in erster Linie Wegbegleiter*innen. Das Coaching soll den Trainer*innen nämlich helfen, die Lösungen zu finden, die zu ihrer Persönlichkeit am besten passen. Das gilt übrigens auch für die Methoden, denn nicht jede passt zu jedem Individuum. Grundvoraussetzung für eine wirkungsvolle Zusammenarbeit ist ein hohes Maß an Selbstreflexion der Trainer*innen. Denn primär geht es um das Verständnis, die Konsequenzen sowie die Vor- und Nachteile des eigenen Denkens und Handelns zu erkennen. Sportpsycholog*innen tauchen tief in den Alltag der Trainer*innen ein, um sie unter anderem auch dabei zu unterstützen, einen Perspektivwechsel vorzunehmen. Hierdurch lassen sich viele Aspekte der eigenen Persönlichkeit objektiver und weniger emotional betrachten. Das hilft Trainer*innen insbesondere auch dabei, ihre Position zu stärken.
Potenziale entwickeln statt Probleme lösen
Entscheidend ist: Coach the Coach ist kein Prinzip, das die Defizite bei Trainer*innen korrigieren soll. Es kann aber als Chance verstanden werden, vorhandene Potentiale zu entfalten, um eine noch bessere Version von sich selbst zu werden. Zudem ist es ein Konzept, das in die Zeit passt. Ein*e Trainer*in im Leistungsbereich ist heutzutage vielmehr als ein*e Übungsleiter*in. Die Anforderungen sind umfangreich und vielfältig – genauso breit aufgestellt muss er oder sie deshalb auch im Hinblick auf seine oder ihre Kompetenzen sein. Trainer*innen tragen eine große Verantwortung, haben aber oftmals niemanden, der ihnen hilft, ihr eigenes Wirken zu überprüfen. Es fehlt der oder die Ansprechpartner*in auf Augenhöhe. Anders als Co-Trainer*innen oder Freunde und Bekannte haben Sportpsycholog*innen den großen Vorteil, unabhängig zu sein. Nähe schadet der Objektivität. Sportpsycholog*innen haben keine persönliche Bindung und profitieren nicht unmittelbar vom sportlichen Erfolg.
Trainer*innenentwickler*innen vs. Sportpsycholog*innen
Im Rahmen des Projekts "Regionale Trainer*innenentwicklung", das der DFB gemeinsam mit der DFL konzipiert hat und in den Leistungszentren durchführt, arbeiten DFB-Trainer*innen über Monate eng mit Berufskolleg*innen aus dem professionellen Nachwuchsleistungssport zusammen. Auch in diesem Modell gelten die Prinzipien von Coach the Coach. Und trotzdem haben Trainer*innenentwickler*innen und Sportpsycholog*innen unterschiedliche Ausgangspunkte.
Sportpsycholog*innen sind in der Regel keine Trainer*innen. Sie sind nicht die richtigen Adressat*innen, wenn es um spiel- oder trainingstaktische Inhalte geht. Ihre Kompetenzen liegen in anderen Bereichen: in der Gesprächsführung, in der Kommunikation mit einzelnen Spieler*innen oder dem gesamten Team, in Achtsamkeits- und mentalem Training sowie in der Mannschaftsführung und der Entwicklung sozialer und persönlicher Fähigkeiten.
Trainer*innenentwickler*innen tragen schon eher die Brille der Trainer*innen – das Spiel steht somit mehr im Vordergrund. Sie sind aufgrund ihrer eigenen Vita und Expertise mehr auf die sportlichen Themen konzentriert und können sich, eben weil sie keine Verantwortung für die Mannschaft oder das Funktionsteam tragen, einen objektiven und rationalen Blick verschaffen.
Beide Modelle funktionieren in der Praxis vielleicht unterschiedlich, sind aber in ihrem Ziel vereint: den Trainer*innen eine*n Ansprechpartner*in zur Seite zu stellen. Diese*r kann Coach, Zuhöre*r, Mentor*in, oder Impulsgeber*in sein. Darüber entscheidet der oder die Trainer*in selbst.
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