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Testbatterien zur Bewertung der Qualität der Bewegungsausführung

Eine systematische Übersicht von Testbatterien und deren Einzeltests

Sommer-Trainingslager der Elite-Schiedsrichter.
    • Die Bewegungsqualität kann mit verschiedenen Tests in unterschiedlichen Intensitäten erfasst werden, mit dem Ziel, Leistungsreserven zu ermitteln und Verletzungsrisiken abzuschätzen.
    • Eine Vorhersage zukünftiger Nicht-Kontakt-Verletzungen ist mit den zur Verfügung stehenden Testbatterien nicht möglich.
    • Durch die Screening-Tools können risikobehaftete Bewegungsmuster identifiziert werden, die bei der individuellen Trainingsplangestaltung helfen.
Abstract

Die Fähigkeit einer Person, eine bestimmte Bewegungsaufgabe oder ein bestimmtes Bewegungsmuster optimal auszuführen, wurde als Bewegungsqualität beschrieben. Vereinzelte Studien konnten belegten, dass eine erhöhte Gelenkbelastung, ein erhöhtes Verletzungsrisiko und eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit mit einer limitierten Bewegungsqualität assoziiert war. Entsprechend scheint eine adäquate Bewegungsqualität einen relevanten und vor allem modifizierbaren Faktor darzustellen. Ziel dieser Übersichtsarbeit war es, eine vergleichende Zusammenfassung der wissenschaftlichen Literatur zu den aktuell verwendeten Testbatterien, mit denen die Bewegungsqualität objektiviert wird, bereitzustellen. Es wurden 11 Arbeiten identifiziert, in denen insgesamt 54 verschiede Bewegungsmuster beurteilt wurden. Dabei konnten die identifizierten Testbatterien hinsichtlich ihrer Zielpopulation in drei verschiedene Kategorien eingeordnet werden: aktive Populationen, unspezifische athletische Populationen und sportartspezifische Populationen. Obwohl sich die primären Ziele der 11 Testbatterien erheblich unterscheiden, wurde in sieben Arbeiten angegeben, dass die Testergebnisse Hinweise liefern, aus denen individuelle und korrigierende Übungsempfehlungen abgeleitet werden können. Von den am häufigsten angewandten Einzeltests waren bilaterale und unilaterale Bewegungsmuster gleichermaßen vertreten. Der Fokus lag dabei auf der Bewertung des unteren Quadranten. Eine Vorhersage zukünftiger Nicht-Kontakt-Verletzungen ist mit den zur Verfügung stehenden Testbatterien jedoch nicht möglich. Dennoch können durch die Instrumente risikobehaftete Bewegungsmuster identifiziert werden, die bei der individuellen Trainingsplangestaltung helfen.

Bewegungsqualität – ein relevanter Aspekt der Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit?

Die körperliche Fitness einer Person wird sowohl im beruflichen als auch im sportlichen Umfeld beurteilt, um die Leistungsfähigkeit abzuschätzen, muskuloskelettalen Verletzungen vorzubeugen und Trainingskonsequenzen abzuleiten. Die Beurteilung der muskuloskelettalen Fähigkeiten hat sich in den letzten Jahren von isolierten Muskel- und Gelenktests zu einem stärker integrierten Ansatz verlagert. Dieser komplexe Ansatz berücksichtigt Prinzipien der Sensorik, der Muskelsynergie und des motorischen Lernens, um Bewegungen in ihrer Gesamtheit und nicht die Funktion einzelner Muskeln und Gelenke zu beurteilen. Diese Entwicklung hat zu einer Zunahme von gesundheitsorientierten Screening-Tools zur Bewertung der Bewegungsqualität mit unterschiedlichen Intensitäten geführt (ABB. 01). Die Fähigkeit einer Person, eine bestimmte Bewegungsaufgabe oder ein bestimmtes Bewegungsmuster optimal auszuführen, wurde als Bewegungsqualität beschrieben. Diese Definition beinhaltet Aspekte der Muskelkoordination, Haltungskontrolle und Alignment der Gelenke während der Bewegungsausführung und umfasst auch die kognitive Fähigkeit, Anforderungen an die Bewegungsaufgabe zu verstehen [1].

Leistungsfähigkeit und Verletzungsrisiko

Vereinzelte Studien konnten belegten, dass eine erhöhte Gelenkbelastung, ein erhöhtes Verletzungsrisiko und eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit mit einer limitierten Bewegungsqualität assoziiert war. Entsprechend scheint eine adäquate Bewegungsqualität einen relevanten und vor allem modifizierbaren Faktor darzustellen. Jüngste Übersichtsarbeiten zu diesem Thema deuten jedoch darauf hin, dass Tests und Testbatterien, mit denen die Bewegungsqualität bewertet wird, möglicherweise nicht in der Lage sind, das Verletzungsrisiko oder die körperliche Leistungsfähigkeit vorherzusagen [2, 3]. Entsprechend werden die in der wissenschaftlichen Literatur identifizierten Arbeiten zu Testbatterien, welche die Qualität der Bewegungsausführung bewerten, inhaltlich nicht auf deren allgemeine Gültigkeit als Prädiktoren für Verletzungen oder körperliche Leistungsfähigkeit hin überprüft.

Zielsetzung

Ziel dieser Übersichtsarbeit war es, eine vergleichende Zusammenfassung der wissenschaftlichen Literatur zu den aktuell verwendeten Testbatterien, mit denen die Bewegungsqualität objektiviert wird, bereitzustellen. Die Arbeit konzentrierte sich auf den Vergleich sowohl der spezifischen Komponenten und beabsichtigten Bewertungsziele der Instrumente als auch auf die zugrunde liegende Evidenzbasis. Des Weiteren wurde die Güte der vorgeschlagenen Screening-Tools im Kontext der praktischen Anwendung und als Hilfsmittel zur Ableitung von Trainingskonsequenzen bewertet. Darüber hinaus wurde jedes Instrument kritisch hinsichtlich der Strenge, mit der es entwickelt wurde, sowohl in Bezug auf die beabsichtigte Bewertungspopulation als auch auf die ermittelten Bewertungsergebnisse, bewertet.

Identifikation der Arbeiten

In dieser systematischen Literaturübersicht wurde in vier Datenbanken nach Arbeiten gesucht, welche die Bewegungsqualität bewerten und zwischen 1957 und 2017 veröffentlicht wurden. Eingeschlossen wurden nur englischsprachige Arbeiten, die einem Peer-Review Verfahren ausgesetzt waren. In den Literaturlisten der eingeschlossenen Arbeiten wurde zusätzlich nach Screening-Tools gesucht. Nachdem die relevanten Screening-Tools identifiziert waren, wurde eine manuelle Suche in Google Scholar durchgeführt, um die älteste Veröffentlichung des entsprechenden Tools zu finden. Es wurde nur der Originalartikel, in dem die Testbatterie der wissenschaftlichen Community vorgestellt wurde, verwendet. Arbeiten wurden ausgeschlossen, wenn ihr primärer Outcome nicht die Bewegungsqualität war (z. B. Kraft, Ausdauer, Flexibilität, Gleichgewicht etc.) oder die Bewertung nur über einen einzigen Test vorgenommen wurde.

Qualitätsbewertung

Die Testbatterien wurden mit einer modifizierten Version des AGREE II [4] bewertet. Konkret wurden 15 Items in sechs Kategorien beurteilt: Zielgruppe und Einsatzzweck (2), Mitwirkung von Interessensvertretern (2), Klarheit der Präsentation (1), Strenge der Entwicklung mit befürwortender wissenschaftlicher Evidenz (5), Anwendbarkeit bzw. Praktikabilität (3) und redaktionelle Unabhängigkeit bei der Entwicklung der Tools (2).

Testbatterien zur Bewertung der Bewegungsqualität

Insgesamt konnten aus den 3 365 initial identifizierten Publikationen 11 Arbeiten eingeschlossen werden. Drei Arbeiten, in denen eine Testbatterie zur Bewertung der Qualität der Bewegungsausführung vorgestellt wird, wurden über die manuelle Suche in Google Scholar gefunden, welche die älteste Veröffentlichung der jeweiligen Testbatterie darstellten [5, 6 7]. Die älteste Testbatterie wurde 2006 veröffentlicht. Elf verschiedene Testbatterien (3 Australien, 3 USA, 2 Neuseeland, 1 Deutschland, 1 Großbritannien, 1 Schweden) mit mindestens vier und maximal 16 Einzeltests unterschiedlicher Intensitäten (Low-threshold, LT; High-threshold, HT) wurden vergleichend analysiert und bewertet. Insgesamt können durch die entsprechenden Einzeltests 54 verschiedene Bewegungsmuster beurteilt werden, welche sich in neun Kategorien gruppieren lassen (ABB. 02). Dabei konnten die identifizierten Testbatterien hinsichtlich ihrer Zielpopulation in drei verschiedene Kategorien eingeordnet werden: aktive Populationen (2), unspezifische athletische Populationen (4) und sportartspezifische Populationen (5).

Ziele der Entwickler der Testbatterien

Trotz der gemeinsamen Fokussierung auf die Beurteilung der Bewegungsqualität variieren die zugrunde liegenden Ziele und Gründe zwischen den Entwicklern der jeweiligen Testbatterien. Sechs von den 11 identifizierten Testbatterien wurden als Mittel zur Bewertung des Verletzungsrisikos aufgrund unzureichender Bewegungsqualität vorgeschlagen [7, 8, 9, 10, 11, 12]. Drei von diesen sechs Mehrkomponenten-Screening-Instrumenten wurden für bestimmte Zielgruppen empfohlen. Während der M-4 MS [11] Übungen beinhaltet, die einen globalen Hinweis auf die Funktion geben, jedoch keine populationsspezifischen Zusammenhänge mit Verletzungen aufgezeigt haben, beinhaltet der NMST [7] spezifische Untertests, die bei ähnlichen Sportlern mit einem erhöhten Verletzungsrisiko verbunden sein können [13]. Mit dem SIMS [9] hingegen werden spezifische Bewegungen bewertet, die auf einen Zusammenhang mit dem Verletzungsrisiko bei den fußballspezifischen Athleten hinweisen und sich auf die Funktion der unteren Extremitäten konzentrieren. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass durch das SIMS keine Verletzungen „vorhergesagt“ werden. Aufgrund eines möglichen ursächlichen Zusammenhangs zwischen Bewegungsqualität und Verletzungsrisiko können Athleten mit einem höheren Risiko identifiziert werden [9]. Zwei der identifizierten Screening-Tools verfolgen mit der Bewertung der Bewegungsqualität das Ziel, die Bereitschaft einer Person, bestimmte Übungen oder Bewegungsmuster auszuführen. Dabei zielt der FMS [14] auf aktive Personen der allgemeinen Bevölkerung ab und bewertet grundlegende Bewegungsmuster, während der CSMT [6] an jugendliche Rugbyspieler adressiert ist und die Bereitschaft, auf Eliteniveau zu trainieren, bewertet. Obwohl sich die primären Ziele der 11 Testbatterien erheblich unterscheiden, wurde in sieben Arbeiten angegeben, dass die Testergebnisse Hinweise liefern, aus denen individuelle und korrigierende Übungsempfehlungen abgeleitet werden können.

Wesentliche Einzeltests und Bewegungsmuster

Von den insgesamt 54 einzelnen Bewegungsmustern wurde die bilaterale Kniebeuge (Squat) in neun der 11 Screening-Tools überprüft, während der Ausfallschritt (Lunge) in sieben Arbeiten bewertet wurde. Der Liegestütz (Push-up) und die einbeinige Kniebeuge wurden jeweils innerhalb von sechs der Screening-Tools beurteilt. Das aktive gestreckte Beinheben in Rückenlage (ASLR) und der Unterarmstütz (Plank) wurden jeweils innerhalb von vier der Screening-Tools beurteilt. Das bilaterale Hüftscharnier-(Hip Hinge)-Muster und die Schultermobilität tauchten in jeweils drei der Screening-Tools auf. Von diesen am häufigsten angewandten Einzeltests waren bilaterale und unilaterale Bewegungsmuster gleichermaßen vertreten. Der Fokus lag dabei auf der Bewertung des unteren Quadranten. Die verbleibenden 46 Einzeltests tauchten entweder in einem oder zwei der 11 Screening-Tools auf.

Kritische Bewertung

Eine Vorhersage zukünftiger Nicht-Kontakt-Verletzungen ist mit den zur Verfügung stehenden Testbatterien nicht möglich. Dennoch können durch die Instrumente risikobehaftete Bewegungsmuster identifiziert werden, die bei der individuellen Trainingsplangestaltung helfen.

Die Inhalte basieren auf der Übersichtsarbeit „Multicomponent musculoskeletal movement assessment tools: A systematic review and critical appraisal of their development and applicability to professional practice”, die 2017 im „Journal of Strength & Conditioning Research” veröffentlicht wurde.

    1. Bennett, H., Arnold, J., & Davison, K. (2021). Exercising to improve movement quality: why and how. ACSM's Health & Fitness Journal, 25(3), 20-27.
    2. Bishop, C., Read, P., Walker, S., & Turner, A. (2015). Assessing movement using a variety of screening tests. Professional Strength & Conditioning, 37, 17-26.
    3. Keller, M., Diemer, F., & Kurz, E. (2022). Tests zur Beurteilung der Bewegungsqualität nach ligamentären Verletzungen des Kniegelenks: eine systematische Übersichtsarbeit. Sportverletzung Sportschaden, 36(1), 38-48.
    4. Pullen, B. J., Oliver, J. L., Lloyd, R. S., & Knight, C. J. (2022). Assessing athletic motor skill competencies in youths: a narrative review of movement competency screens. Strength & Conditioning Journal, 44(1), 95-110.

    5. Rogers, S. A., Hassmen, P., Roberts, A. H., Alcock, A., Gilleard, W. L., & Warmenhoven, J. S. (2019). Development and reliability of an athlete introductory movement screen for use in emerging junior athletes. Pediatric Exercise Science, 31(4), 448-457.

Literatur

  1. Bennett, H., Davison, K., Arnold, J., Slattery, F., Martin, M., & Norton, K. (2017). Multicomponent musculoskeletal movement assessment tools: A systematic review and critical appraisal of their development and applicability to professional practice. Journal of Strength & Conditioning Research, 31(10), 2903-2919.
    Studie lesen
    1. Bennett, H., Arnold, J., & Davison, K. (2021). Exercising to improve movement quality: why and how. ACSM's Health & Fitness Journal, 25(3), 20-27.

    2. Girard, J., Quigley, M., & Helfst, F. (2016). Does the Functional Movement Screen correlate with athletic performance? A systematic review. Physical Therapy Reviews, 21(2), 83-90.

    3. McCunn, R., aus der Fünten, K., Fullagar, H. H. K., McKeown, I., & Meyer, T. (2016). Reliability and association with injury of movement screens: a critical review. Sports Medicine, 46(6), 763-781.

    4. Brouwers, M. C., Kho, M. E., Browman, G. P., Burgers, J. S., Cluzeau, F., Feder, G., Fervers, B., Graham, I. D., Grimshaw, J., Hanna, S. E., Littlejohns, P., Makarski, J., Zitzelsberger, L., & AGREE Next Steps Consortium (2010). AGREE II: advancing guideline development, reporting and evaluation in health care. Canadian Medical Association Journal, 182(18), E839–E842.

    5. Kritz, M. (2012). Development, reliability and effectiveness of the Movement Competency Screen (MCS): Auckland University of Technology.

    6. Parsonage, J. R., Williams, R. S., Rainer, P., McKeown, I., & Williams, M. D. (2014). Assessment of conditioning-specific movement tasks and physical fitness measures in talent identified under 16-year-old rugby union players. Journal of Strength & Conditioning Research, 28(6), 1497-1506.

    7. Vanweerd, R. (2013). The inter and intra-rater reliability of the Netball Movement Screening Tool: Auckland University of Technology.

    8. Frohm, A., Heijne, A., Kowalski, J., Svensson, P., & Myklebust, G. (2012). A nine-test screening battery for athletes: a reliability study. Scandinavian Journal of Medicine & Science in Sports, 22(3), 306-315.

    9. McCunn, R., aus der Fünten, K., Govus, A., Julian, R., Schimpchen, J., & Meyer, T. (2017). The intra- and inter-rater reliability of the Soccer Injury Movement Screen (SIMS). International Journal of Sports Physical Therapy, 12(1), 53-66.

    10. Mischiati, C. R., Comerford, M., Gosford, E., Swart, J., Ewings, S., Botha, N., Stokes, M., & Mottram, S. L. (2015). Intra and inter-rater reliability of screening for movement impairments: movement control tests from the foundation matrix. Journal of Sports Science & Medicine, 14(2), 427–440.

    11. Moore, N., Kertesz, A., & Bird, S. (2012). A modified movement screen for pre-elite youth athletes. Journal of Australian Strength and Conditioning, 20, 44-53.

    12. Tarara, D. T., Hegedus, E. J., & Taylor, J. B. (2014). Real-time test-retest and interrater reliability of select physical performance measures in physically active college-aged students. International Journal of Sports Physical Therapy, 9(7), 874-887.

    13. Plisky, P. J., Rauh, M. J., Kaminski, T. W., & Underwood, F. B. (2006). Star Excursion Balance Test as a predictor of lower extremity injury in high school basketball players. The Journal of Orthopaedic and Sports Physical Therapy, 36(12), 911–919.

    14. Cook, G., Burton, L., & Hoogenboom, B. (2006). Pre-participation screening: the use of fundamental movements as an assessment of function - part 1. North American Journal of Sports Physical Therapy, 1(2), 62–72.