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Wenn es schnell gehen soll ...

Lassen sich mit Kleinfeldspielformen im Training ausreichend hohe Laufgeschwindigkeiten erreichen?

Lassen sich mit Kleinfeldspielformen im Training ausreichend hohe Laufgeschwindigkeiten erreichen?
    • Kleinfeldspielformen eignen sich hervorragend zur Provokation hoher Trainingsintensitäten, durch submaximale Laufgeschwindigkeiten mit zahlreichen Beschleunigungs- und Abbremsmanövern. 
    • Spielformen mit variablen Spielfeldern erfordern höhere Laufleistungen als jene mit fest dimensionierten Feldgrößen.
    • Maximale Laufgeschwindigkeiten und große Sprintdistanzen, wie sie bei Ligaspielen auftreten, werden in Kleinfeldspielformen nicht erreicht.
Abstract

In der vorliegenden Studie wurden die Laufleistungen bei offiziellen Ligaspielen mit denen zweier unterschiedlicher Kleinfeldspielformen verglichen. Bei beiden stand zwar dieselbe relative Spielfläche pro Spieler zur Verfügung, jedoch gab es jeweils andere Regeln bei unterschiedlichen Spielfelddimensionen. Ziel der Untersuchung war es, möglichst hohe Laufgeschwindigkeiten zu stimulieren und die Unterschiede zwischen den einzelnen Spielformen zu analysieren. Dabei zeigte sich, dass bei einer variablen Feldgröße (Spielform mit Feldwechsel) sowohl die größte Gesamtlaufstrecke als auch die höchsten Distanzen im Hochgeschwindigkeitsbereich absolviert wurden. Ebenso wurden dabei die häufigsten Beschleunigungs- und Abbremsmanöver unterschiedlicher Intensität absolviert. Einzig bei den Spitzengeschwindigkeiten und Sprintdistanzen waren die Wettkampfanforderungen höher. Die Ergebnisse der Studie liefern daher hilfreiche Informationen zum Einsatz spezifischer Kleinfeldspielformen im Training.

Das Wesen der Small-sided games

Kleinfeldspielformen [engl. small-sided game (SSG)] gehören zu den im Fußball am häufigsten verwendeten Trainingsmethoden [1]. Dabei spielt eine geringere Anzahl von Spielern als beim normalen 11 gegen 11 auf einem Spielfeld mit reduzierter Größe, bei entsprechend der Zielstellung adaptierten Regeln [2]. SSGs stellen eine effektive Methode dar, um das Training von fußballspezifischen physischen Anforderungen und technisch-taktischen Fertigkeiten miteinander zu verbinden. Wettkampfbedingungen können reproduziert [1] und die Entscheidungsfindung unter Zeit- und Gegnerdruck kann bei reduzierter Ermüdung verbessert werden [3]. Durch gezielte Modifizierungen der Rahmenbedingungen und des Spielformats können mit SSGs spezifische Trainingsschwerpunkte punktgenau erreicht werden. Aufgrund der räumlichen Enge ist es allerdings eine besondere Herausforderung, jene Laufdistanzen in den höchsten Geschwindigkeitsbereichen zu provozieren, wie sie typischerweise in Ligaspielen absolviert werden [4, 5]. Doch gerade diese sind von ausgesprochen hoher Bedeutung, da den meisten Toren ein Sprint vorausgeht [6].

Die Spielidee liefert der Wettkampf

Vor diesem Hintergrund stellte sich ein Team um den spanischen Sportwissenschaftler Professor Jose Asian-Clemente die Frage, ob SSGs derart gestaltet werden können, dass auch die höchsten Laufgeschwindigkeiten ausreichend Berücksichtigung finden. Einen Ansatzpunkt dafür bot die Spielanalyse unter der Fragestellung, in welchen Momenten des normalen Großfeldspiels typischerweise die größten Laufgeschwindigkeiten erreicht werden. Wie bisherige Untersuchungen gezeigt haben, sind alle Feldspieler während eines Ligaspiels stets auf einer imaginären Rechteckfläche mit einer Kantenlänge von etwa 40 Metern (36-38 m x 43-46 m) verteilt [7]. Diese Grundordnung wird vor allem bei Kontern oder Pässen in den Rücken der Abwehr gestört, wodurch häufig Sprintduelle zwischen einzelnen Spielern, beziehungsweise ein schnelles Verschieben von Mannschaftsteilen oder des gesamten Teams ausgelöst werden. Daher versuchten die Autoren der vorliegenden Studie, genau diese Szenarien in einem SSG nachzuempfinden und durch Desorganisation (Feldwechsel der Spieler) hohe Laufgeschwindigkeiten zu erzwingen [4]. Zum Vergleich wurde ein zweites SSG mit demselben Schwerpunkt (Ballhalten), aber fixen Spielfelddimensionen, durchgeführt. In beiden SSGs war die relative Fläche pro Spieler identisch. Die Laufleistung wurde mit einem GPS-basierten Trackingsystem gemessen, welches auch in den Ligaspielen des Teams eingesetzt wurde und somit weitere Vergleichsdaten lieferte.

Design der Kleinfeldspiele

An der Studie nahmen 17 Spieler der U19-Mannschaft aus dem Nachwuchsleistungszentrum eines renommierten Vereins der ersten Spanischen Division teil. Die Untersuchung fand in der Hinrunde der Saison 2019/20 statt und schloss 19 Ligaspiele und vier Trainingseinheiten ein. Jede dieser Trainingseinheiten auf Naturrasen begann mit einem standardisierten, 20-minütigen Aufwärmprogramm und fand jeweils zur gleichen Uhrzeit statt. Bei beiden SSGs handelte es sich um Varianten eines 5 gegen 5 + 5 mit zwei zusätzlichen neutralen Spielern, welche grundsätzlich Teil der Offensivmannschaft waren (vgl. ABB. 01). Die Spieler wurden in beiden Varianten durch die Trainer auf drei gleichstarke Mannschaften aufgeteilt, wovon jeweils zwei gemeinsam in der Offensive und eine in der Defensive agierten. Die Aufgabe der Offensivteams bestand im Halten des Ballbesitzes und die defensive Mannschaft war hingegen bestrebt, den Ball zu erobern. Bei Ballverlust wurden die Rollen mit dem Defensivteam getauscht. Um eine realistische Wettkampfsituation zu simulieren [7], war die relative Fläche auf beiden Spielfeldern gleich (81 m2 pro Spieler), allerdings waren diese unterschiedlich dimensioniert. Während das eine Spielfeld feste Abmessungen (SSGS) hatte, war das Zweite variabel und bestand aus zwei Zonen (SSGW). Beim SSGW spielten zunächst zwei Teams in einer der Zonen gegeneinander. Sobald das Offensivteam sieben Pässe in Folge innerhalb dieser Zone gespielt hatte, oder es dem Defensivteam gelang, den Ball zu erobern, musste das „erfolgreiche“ Team in die zweite Zone passen, wo es vom dritten Team bereits als Gegner erwartet wurde. Gespielt wurde in einem intermittierenden Belastungsformat (4 x 4 Minuten) mit höchstens zwei Ballkontakten pro Spieler. Um die Spieler mit dem Ablauf vertraut zu machen und einen reibungslosen Ablauf an den Untersuchungstagen zu gewährleisten, wurden beide SSGs zunächst mehrfach in vorhergehenden Trainingseinheiten durchgeführt.

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Ergebnisse

Normiert man die zurückgelegte Gesamtstrecke auf die Spielzeit, legten die Spieler pro Minute in beiden SSGs ähnliche Distanzen zurück wie in den Ligaspielen (vgl. TAB. 01). Bei der Spielform mit Zonenwechsel (SSGW) wurden sogar etwas größere Strecken (statistisch kleiner Effekt) ermittelt. Mit Ausnahme der erreichten Maximalgeschwindigkeit (Vmax), zeigten sich bei dieser SSG-Variante in allen Laufleistungsparametern höhere Werte als in den Ligaspielen. Dies gilt sowohl für die absolvierten Distanzen im intensiven (18-21 km/h; S1) und hochintensiven (> 21 km/h; S2) Geschwindigkeitsbereich als auch für die Anzahl der Beschleunigungen (ACC) und Abbremsmanöver (DEC). Obwohl dies in abgeschwächter Form auch für die Variante mit fixen Spielfelddimensionen (SSGS) zutraf, wurden hierbei, neben Vmax, auch bei S2 die Werte der Ligaspiele nicht erreicht.

Kleinfeldspielformen mit Feldwechsel bilden die Wettkampfanforderungen gut ab

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass SSGs mit einer zusätzlichen Spielzone, in welche die Spieler zur Wiedereroberung des Balls aufrücken müssen, sehr gut geeignet sind, hohe Laufgeschwindigkeiten zu erzwingen. Gleichzeitig lassen sich so spielnahe Bewegungsmuster besser reproduzieren als bei SSGs mit fixen Spielfelddimensionen. Dieser Ansatz ist somit bestens geeignet, insbesondere die physischen Anforderungen des Wettspiels zu simulieren und spezifische Szenarien, wie Konterangriffe oder Laufduelle um den Ball in einem größeren Raum nachzubilden. Sie stellen daher eine geeignete Alternative zu hochintensiven Intervallläufen dar, mit denen SSGs oft ergänzt werden und bieten außerdem einen zusätzlichen Stimulus in Bezug auf Beschleunigungs- und Abbremsmanöver. Lediglich auf Läufe mit absoluten Spitzengeschwindigkeiten und längere Sprintdistanzen, bei über 25 km/h bzw. 85 % der maximalen Geschwindigkeit, trifft dies nicht zu. Diesbezüglich lassen sich die Wettkampfanforderungen mit SSGs nicht reproduzieren.

Limitierungen der Studie

Aufgrund der Tatsache, dass die Autoren der Studie nur zwei Varianten einer Spielform (5 gegen 5 + 5 mit 2 Neutralen) untersucht haben, lassen sich die Ergebnisse nicht auf andere SSGs übertragen. Weiterhin wurde nicht zwischen Spielpositionen differenziert, deren läuferische Wettkampfprofile sich teils deutlich unterscheiden. Es bedarf daher weiterer Untersuchungen mit ähnlich designten SSGs, aber unterschiedlichen Mannschaftsstärken und Spielpositionen im Wettkampfvergleich. Da das Ziel der untersuchten SSGs im Halten bzw. der Eroberung des Ballbesitzes und nicht in der Erzielung von Toren bestand, wurde dahingehende taktische Wettkampfanforderungen und das entsprechende Entscheidungsverhalten nicht simuliert. Wie aus den im Vergleich zu den Ligaspielen hohen Standardabweichungen bei den SSGs folgt (vgl. TAB. 01), sind die Unterschiede in der Laufleistung zwischen den Spielern verhältnismäßig groß. Daher sollten sich die Trainer bewusst sein, dass nicht alle Spieler während dieser Trainingsformen denselben externen Belastungsreiz erhalten. In diesem Aspekt wird deutlich, dass in Spielformen stets die Individualität des einzelnen Spielers zum Ausdruck kommt.

Die Inhalte basieren auf der Originalstudie „Can Small-side games provide adequate high-speed training in professional soccer?”, die 2021 in der Fachzeitschrift „International Journal of Sports Medicine" veröffentlicht wurde.

Literatur

  1. Asian-Clemente, J., Rabano-Muñoz, A., Muñoz, B., Franco, J., & Suarez-Arrones, L. (2021). Can small-side games provide adequate high-speed training in professional soccer? Int J Sports Med, 42(6), 523-528.
    Studie lesen
    1. Halouani, J., Chtourou, H., Gabbett, T., Chaouachi, A., & Chamari, K. (2014). Small-sided games in team sports training: A brief review. J Strength Cond Res, 28(12), 3594–3618.

    2. Hill-Haas, S. V., Dawson, B., Impellizzeri, F. M., & Coutts, A. J. (2011). Physiology of small-sided games training in football: A systematic review. Sports Med, 41(3).

    3. Gabbett, T. J., & Mulvey, M. J. (2008). Time-motion analysis of small-sided training games and competition in elite women soccer players. J Strength Cond Res, 22(2), 543–552.

    4. Clemente, F. M., Sarmento, H., Rabbani, A., Van der Linden, C., Kargarfard, M., & Costa, I. T. (2019). Variations of external load variables between medium- and large-sided soccer games in professional players. Res Sports Med, 27(1), 50–59.

    5. Dalen, T., Sandmæl, S., Stevens, T., Hjelde, G. H., Kjøsnes, T. N., & Wisløff, U. (2021). Differences in acceleration and high-intensity activities between small-sided games and peak periods of official matches in elite soccer players. J Strength Cond Res, 35(7), 2018–2024.

    6. Faude, O., Koch, T., & Meyer, T. (2012). Straight sprinting is the most frequent action in goal situations in professional football. J Sports Sci, 30(7), 625–631.

    7. Fradua, L., Zubillaga, A., Caro, O., Iván Fernández-García, A., Ruiz-Ruiz, C., & Tenga, A. (2013). Designing small-sided games for training tactical aspects in soccer: Extrapolating pitch sizes from full-size professional matches. J Sports Sci, 31(6), 573–581.