Wissen
Essen Profifußballer richtig und ausreichend?
Studie zur Energiebilanz bei niederländischen Eredivisie-Spielern deckt Lücken auf
- Mit einem durchschnittlichen täglichen Energieverbrauch von 3 285 kcal und einem PAL-Wert von 1,75 ± 0,13 kann der tägliche Energiebedarf von Profifußballern im Vergleich zu anderen Mannschaftssportarten als bescheiden bezeichnet werden.
- Die Kohlenhydratzufuhr lag deutlich unter den aktuellen Empfehlungen für Fußballspieler.
- Die tägliche Proteinaufnahme war ausreichend, aber über den Tag falsch verteilt.
- Die Ernährungsberatung sollte sich stärker auf eine angemessene Kohlenhydratversorgung und eine optimal verteilte Eiweißzufuhr konzentrieren.
Abstract
In einer Beobachtungsstudie wurde über zwei Wochen hinweg bei 41 Profifußballern der niederländischen Eredivisie mithilfe der doppelt markierten Wassermethode gemessen, wie viel Energie sie verbrauchen und wie viel Energie sie zu sich nehmen. Das Ergebnis zeigt, dass Fußballer im Vergleich zu anderen Leistungssportlern einen niedrigeren Energiebedarf haben. Die tatsächlich erfasste Kohlenhydratzufuhr lag deutlich unter den Empfehlungen der aktuellen FIFA-Ernährungsrichtlinien. Die Eiweißversorgung ist mehr als ausreichend, sollte aber optimaler über den Tag verteilt werden.
Mit der richtigen Ernährung zur Höchstleistung
Um auf dem Platz Höchstleistungen abzuliefern, müssen Amateur- wie Profifußballer mit ausreichend Energie versorgt sein. Gut gefüllte Energiespeicher sind dafür Grundvoraussetzung. Hauptenergiequelle sind Kohlenhydrate (4 kcal/g) und Fette (9 kcal/g) sowie Proteine, die neben Energie (4 kcal/g) vor allem Baustoffe für die Muskulatur liefern und für die Regeneration wichtig sind. Aber wie viel Energie braucht ein Fußballer genau? Die Antwort ist nicht einfach. Denn der Energiebedarf ist keine fixe Größe, sondern wird durch das komplizierte Regelwerk des Stoffwechsels bestimmt, welches bei jedem Menschen anders beschaffen ist. Wie viel Kohlenhydrate und Proteine täglich gebraucht werden, um körperlich gesund, mental fit und leistungsstark zu sein, wird nicht nur durch zahlreiche Faktoren, wie Gewicht, Größe und Körperzusammensetzung beeinflusst. Das variiert auch während der Saison und hängt davon ab, wie oft, wie lang und wie intensiv trainiert wird.
Klar ist: Eine dem Energieverbrauch angepasste Energiezufuhr zahlt nicht nur auf die sportliche Leistungsfähigkeit ein, sondern senkt auch das Verletzungsrisiko [1]. Das medizinische Forschungszentrum der FIFA (FIFA Medical Assessment and Research Centre, kurz: F-MARC) empfiehlt Fußballspielern eine tägliche Kohlenhydratzufuhr von 5-7 g pro Kilogramm Körpergewicht an moderaten Trainingstagen und von 7-12 g pro Kilogramm Körpergewicht an trainingsintensiven Tagen oder zur Spielvorbereitung. Für die Proteinaufnahme empfehlen die FIFA-Experten zwischen 1,2 und 1,7 g pro Kilogramm Körpergewicht am Tag. Zudem sollte die Proteinzufuhr strategisch klug über den Tag verteilt sein: 20-25 g Protein morgens und mittags sowie 30-40 g Protein am Abend, um optimale Trainingsanpassungen und Erholung zu erreichen [2].
Unklar ist aber trotz zahlreicher Ernährungsstudien, ob diese Empfehlungen realistisch sind und insbesondere an belastungsintensiven Trainingstagen dem Energiehaushalt von Fußballern entsprechen. Eine niederländische Studie ist dieser Frage nachgegangen und kommt zu einem überraschenden Ergebnis: Die tägliche Kohlenhydratzufuhr sollte erhöht werden, um die Leistung und Erholung zu maximieren. Die tägliche Proteinzufuhr ist hingegen mehr als ausreichend, könnte aber gleichmäßiger über den Tag verteilt werden.
Langzeitbeobachtung analysiert Energieumsatz
Genau zu messen, wie viele Kalorien ein Mensch jeden Tag verbrennt, um den exakten Energiebedarf eines Athleten verlässlich zu bestimmen, ist schwierig. Die niederländische Studie hat sich eines besonders exakten Verfahrens mithilfe von doppelt markiertem Wasser bedient. Die Probanden trinken Wasser, dass mit einem nicht-radioaktiven Tracer versetzt ist. Dieser Marker kann nach wenigen Stunden im Urin nachgewiesen werden, um so den täglichen Gesamtenergieverbrauch messen zu können. Diese Methode hat den Vorteil, dass sie im normalen Alltag der Studienteilnehmer einfach angewendet werden kann. Auch deshalb gilt sie als „Goldstandard“ zur exakten Erfassung des Energieverbrauchs. Weil es vergleichsweise aufwendig und teuer ist, gibt es im Sportbereich bislang nur wenige Studien, die das Verfahren nutzen.
An der Studie nahmen 41 Fußballprofis aus drei Vereinen der niederländischen Premier League teil. Über 14 Tage hinweg wurde nicht nur ihr Energieumsatz gemessen, sondern auch ihre Nahrungsaufnahme detailliert abgefragt, ihre Spiel- und Trainingsbelastung dokumentiert und ihre Körperzusammensetzung analysiert. Unter den Teilnehmern waren alle Spielpositionen vertreten: vier Torhüter, 12 Verteidiger, 13 Mittelfeldspieler und 12 Stürmer. Während der Langzeitbeobachtungen fanden zwei Spiele, acht Trainingseinheiten und drei Ruhetage statt.
Die Ergebnisse im Einzelnen:
Über gesamten Beobachtungszeitraum hinweg betrachtet fiel die Energiebilanz der teilnehmenden Fußballspieler leicht negativ aus. Das heißt: Die zugeführte Energie entsprach nicht dem Energieverbrauch. Der durchschnittliche tägliche Energieverbrauch betrug 3 285 (± 354) Kalorien, während die tägliche Energiezufuhr nur bei 2 658 (± 693) Kalorien lag. Weil sich aber das Gewicht der Spieler währenddessen nicht verändert hat, schreiben die Studienautoren das Defizit einer möglicherweise nicht exakten Ernährungstagebuchführung zu, was ein häufiges Phänomen in der Ernährungsforschung ist. Dabei ist nicht überraschend, dass sich der Energieumsatz nach Spielposition unterscheidet: Torhüter verbrennen am wenigsten Kalorien und Mittelfeldspieler am meisten. Dabei unterscheidet sich der Energiemehrverbrauch für körperliche Aktivitäten relativ zum Ruheenergieverbrauch (PAL-Wert) nicht signifikant zwischen den Spielpositionen.
Insgesamt aber lag die gemessene Kohlenhydratzufuhr unter den Richtlinien der FIFA-Gesundheitsexperten. Zwar war die aus Kohlenhydraten gewonnene Energie prozentual betrachtet an Spieltagen wesentlich höher (51%) als an Trainings- (46%) und Ruhetagen (47%), was darauf hindeutet, dass Spieler in Erwartung der höheren Belastung an Spieltagen kohlenhydratreicher essen. Tatsächlich aber haben die Spieler weniger Kohlenhydrate zu sich genommen, als die Richtlinien es vorgeben. So lag durchschnittliche Kohlenhydrataufnahme an Spieltagen nur bei 5,1 g (± 1,7) pro Kilogramm Körpergewicht, während die Richtlinien 7 bis 12 g pro Kilogramm vorschlagen. An Trainingstagen nahmen die Spieler durchschnittlich 3,9 g (± 1,5) pro Kilogramm, was ebenfalls unter den empfohlenen 5 bis 7 g pro Kilogramm liegt. An Ruhetagen kamen die Spieler auf 3,7 g (± 1,4) pro Kilogramm. Auch wenn man berücksichtigt, dass die Spieler nicht immer ganz exakt dokumentiert haben, was sie gegessen haben, offenbaren die Daten eine Diskrepanz zwischen den aktuellen Richtlinien und der tatsächlichen Ernährungsweise von Fußballern.
FIFA-Richtlinien für den Energiebedarf sollten nach unten korrigiert werden
Würde ein 80 Kilogramm schwerer Fußballer der FIFA-Empfehlung einer täglichen Kohlenhydratzufuhr von 12 g pro Kilogramm folgen, müsste er 3 840 Kalorien am Tag zu sich nehmen. Rechnet man die Proteinzufuhr von 1,6 g pro Kilogramm (512 kcal) und eine Fettzufuhr von 1,2 g pro Kilogramm (864 kcal) hinzu, wären sogar 5 216 Kalorien nötig. Diese Berechnung zeige, argumentieren die Studienautoren, dass der höhere Bereich der empfohlenen Kohlenhydratzufuhr den täglichen Energiebedarf von Profifußballern den gemessenen Werten entsprechend deutlich übersteigt. „Selbst wenn man die Kohlenhydratperiodisierung berücksichtigt und damit eine höhere Energiezufuhr an Spieltagen zulässt, scheint eine tägliche Kohlenhydratzufuhr von bis zu 8 g pro Kilogramm eine Obergrenze für Profifußballer zu sein“, schlussfolgern die Autoren und empfehlen eine Anpassung der geltenden Richtlinien für den Energiebedarf. „Unter Berücksichtigung der Energiebilanz von Fußballspielern scheint es angemessener, eine tägliche Kohlenhydratzufuhr von 7-8 g pro Kilogramm Gewicht an Spiel- und schweren Trainingstagen anzustreben.“
Was die Studie auch zeigt: Fußballspieler haben im Vergleich mit anderen Sportarten, anders als Rugby- [3, 4] und Basketballspieler [5], einen deutlich niedrigeren Energiebedarf. Für die Ernährungsberatung ist das insofern wichtig, als Erkenntnisse aus anderen Sportarten nicht verallgemeinert und auf den Fußball übertragen werden sollten. Vielmehr braucht es fußballspezifische Daten und Messungen, um Fußballerinnen und Fußballer energiebedarfsgerecht zu beraten.
Mehr Proteine abends essen
Auch die optimale Versorgung mit Eiweiß ist wichtig, um in Bestform zu bleiben. Die Studienteilnehmer nahmen durchschnittlich täglich 1,7 g (± 0,5) pro Kilogramm Gewicht zu sich, was der empfohlenen täglichen Proteinzufuhr für Fußballspieler (1,2 - 1,7 g/kg/Tag) mehr als entspricht. Würde die Untererfassung der Nahrungsdokumentation berücksichtigt, könnte die tatsächliche Eiweißaufnahme sogar die aktuellen Empfehlungen übersteigen. Die Studienautoren vermuten, dass mit der übermäßigen Proteinzufuhr die zu geringe Kohlehydrataufnahme kompensiert wird. Gesundheitlich zwar nicht schwerwiegend, sollte das Ungleichgewicht doch von der Ernährungsberatung überwacht und optimal eingestellt werden.
Gravierender ist die Beobachtung, dass die Verteilung der Proteinzufuhr über den Tag nicht optimal für Hochleistungssportler ist. Vor allem abends sollten Fußballer eiweißreich essen, um die Regeneration und den Muskelaufbau zu unterstützen. Während Ernährungsforscher 30 bis 40 Gramm für die letzte Mahlzeit am Abend als optimal empfehlen [6], haben die Studienteilnehmer im Mittel nur 4,9 Gramm abends zu sich genommen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass viele Profifußballer von einer ausgewogeneren Proteinverteilung über den Tag hinweg profitieren könnten, wobei der Eiweißzufuhr vor dem Schlafengehen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte“, raten die Studienautoren.
Den Energiebedarf richtig decken
Die gezielte Kontrolle der Energiespeicher in Form von Kohlenhydraten und Proteinen ist enorm wichtig. Eine allgemeingültige Regel für den Energiebedarf lässt sich schwerlich festlegen, weil vieles davon abhängt, wie viel Energie wir im Ruhezustand verbrauchen und wie unser Stoffwechsel veranlagt ist. Interessant fanden die Studienautoren, dass der tägliche Energieverbrauch mit dem Gewicht und insbesondere der fettfreien Masse korreliert. Damit hätte die fettfreie Masse einen größeren Einfluss auf den täglichen Energiebedarf als individuelle Unterschiede in der Spiel- und Trainingsbelastung. Somit könnte eine einfache Schätzung des täglichen Energieverbrauchs auf der Körpermasse der Spieler basieren. Spieler, die hohen Trainings- und Spielbelastungen ausgesetzt sind, brauchen demnach mehr Energie – etwa 45 kcal pro Kilogramm Körpergewicht –, während weniger aktive Spieler und Torhüter nicht mehr als etwa 40 kcal pro Kilogramm Körpergewicht benötigen.
Diese Studie teilen:
Literatur
- Brinkmans, N., Iedema, N., Plasqui, G., Wouters, L., Saris, W., van Loon, L., & van Dijk, J. W. (2019). Energy expenditure and dietary intake in professional football players in the Dutch Premier League: implications for nutritional counselling. Journal of Sports Sciences, 37(24), 2759-2767.Studie lesen
Logue, D., Madigan, S. M., Delahunt, E., Heinen, M., Mc Donnell, S. J., & Corish, C. A. (2018). Low energy availability in athletes: a review of prevalence, dietary patterns, physiological health, and sports performance. Sports Medicine, 48(1), 73-96.
Nutrition for football: the FIFA/F-MARC Consensus Conference. (2006). Journal of Sports Sciences, 24(7), 663-664.
Smith, D. R., King, R., Duckworth, L. C., Sutton, L., Preston, T., O'Hara, J. P., & Jones, B. (2018). Energy expenditure of rugby players during a 14-day in-season period, measured using doubly labelled water. European Journal of Applied Physiology, 118(3), 647-656.
Silva, A. M., Santos, D. A., Matias, C. N., Minderico, C. S., Schoeller, D. A., & Sardinha, L. B. (2013). Total energy expenditure assessment in elite junior basketball players: a validation study using doubly labeled water. Journal of Strength and Conditioning Research, 27(7), 1920-1927.
Trommelen, J., & van Loon, L. J. (2016). Pre-sleep protein ingestion to improve the skeletal muscle adaptive response to exercise training. Nutrients, 8(12), 763.
Morehen, J. C., Bradley, W. J., Clarke, J., Twist, C., Hambly, C., Speakman, J. R., Morton, J. P., & Close, G. L. (2016). The assessment of total energy expenditure during a 14-day in-season period of professional rugby league players using the doubly labelled water method. International Journal of Sport Nutrition and Exercise Metabolism, 26(5), 464-472
Newsletter
Für die Akademie-Post anmelden und auf dem Laufenden bleiben!