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Schnelligkeitstraining: Vergleich verschiedener Trainingsprogramme

Die Kombination von routinemäßigem Fußballtraining mit zusätzlichem Konditionstraining erhöht Schnelligkeitsleistungen

Sonstiges
Athletik
Medizin
Der deutsche Fußball Nationalspieler Leroy Sané sprintet während eines Spiels mit dem Ball. (Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)
    • Schnelligkeitsleistungen im Sprung, Sprint und Richtungswechsel lassen sich nachweislich verbessern.
    • Widerstandstraining, plyometrisches Training, Sprint- oder Richtungswechseltraining und die Kombination dieser Trainingsprogramme erzielen ähnliche Effekte auf getestete Schnelligkeitsleistungen.
Abstract

Schnelligkeit entscheidet im Fußball häufig über Sieg oder Niederlage. Gezieltes Schnelligkeitstraining hat daher eine extrem hohe Bedeutung. Die analysierte Meta-Analyse vergleicht die Wirkung verschiedener Trainingsprogramme und kommt zu dem Ergebnis, dass es keine großen Unterschiede zwischen der Wirksamkeit auf getestete Schnelligkeitsleistungen gibt. Alle einschlägigen Trainingsprogramme verbessern – wenn sie zusätzlich zum routinemäßigem Training durchgeführt werden – die Schnelligkeitsleistung.

Schnelligkeit im Fußball: Immer einen Schritt voraus

Von Tempo und Schnelligkeit geht im Sport eine große Faszination aus. Im Fußball sind es zum Beispiel die Hochgeschwindigkeitsaktionen von Lionel Messi und Cristiano Ronaldo, die begeistern. Dabei können Sekundenbruchteile beim Sprint, beim Kopfball oder im Zweikampf entscheidend sein. Die Fähigkeit, ein kleines bisschen schneller zu sein als der Gegner, zeichnet daher die meisten Topspieler aus [1].

  • Kann durch zusätzliches Konditionstraining (in Ergänzung zum routinemäßigen Training) die Schnelligkeit auf dem Platz erhöht werden?
  • Welche Trainingsprogramme sind geeignet, um die Schnelligkeitsleistung zu verbessern?
Diese Fragen standen im Mittelpunkt der Originalstudie. Erstmals wurden die Wirkungen von Trainingsprogrammen ausgelotet, bei denen routinemäßiges Fußballtraining und zusätzliches Schnelligkeitstraining kombiniert wurden.

Vergleich unterschiedlicher Trainingsprogramme

Schnelligkeit im Fußball ist mehr als der lineare Sprint. Es geht um schnelle Bewegungen mit Ball und ohne Ball, um Richtungswechsel, Sprünge und blitzschnelle Reaktionen in unterschiedlichen Spielsituationen. In der Praxis werden mehrere Trainingsprogramme eingesetzt:

  • Widerstandstraining: besteht aus verschiedenen Athletikübungen wie zum Beispiel Back Squat, Beindrücken oder Kreuzheben mit unterschiedlich vielen Wiederholungen und Gewichten (externe Last).

  • Plyometrisches Training: besteht beispielsweise aus vertikalen und/oder horizontalen Sprungübungen, die auf einem schnellen Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus der Muskulatur beruhen. Wichtig dabei ist eine Minimierung der Bodenkontaktzeit durch besonders explosive und schnellkräftige Sprünge (z. B. Prellsprünge).

  • Sprint- oder Richtungswechseltraining: besteht aus Sprints mit maximaler Geschwindigkeit, entweder linear oder mit Richtungswechseln.

  • verschiedene Kombinationen der zuvor genannten Programme.  

Für die Auswertung wurden insgesamt 44 Veröffentlichungen herangezogen. Die Studien erfüllten die folgenden Auswahlkriterien: Spieleralter über 14 Jahre, Vergleich von zwei Teams mit und ohne Konditionstraining, Betrachtung von mindestens einem der oben erwähnten Trainingsprogramme und mindestens einer der im Fußball relevanten Schnelligkeitsleistungen. 

Eine Übersicht zeigt die Trainingsprogramme: Plyometrisches Training, Richtungswechsel/Sprint, Widerstandstraining und die Kombination mehrerer Programme und die zugehörigen Parameter Anzahl Messprotokolle und die Anzahl Spieler Interventions- und Kontr
Eine Übersicht zeigt die Trainingsprogramme: Plyometrisches Training, Richtungswechsel/Sprint, Widerstandstraining und die Kombination mehrerer Programme und die zugehörigen Parameter Anzahl Messprotokolle und die Anzahl Spieler Interventions- und Kontrollgruppe.

Insgesamt hat die Meta-Analyse 117 Messprotokolle ausgewertet. Die einzelnen Trainingsprogramme waren unterschiedlich häufig repräsentiert, wobei eine Kombination der Trainingsprogramme am häufigsten vorkam (s. Tabelle 1).

Diagnostik von Schnelligkeitsleistungen

Die Auswirkungen der durchgeführten Trainingsprogramme wurden in den betrachteten Veröffentlichungen für sechs verschiedene Schnelligkeitsleistungen ermittelt: senkrechte Sprünge, Linearsprints, Richtungswechsel mit Ball, Richtungswechsel ohne Ball, Sprintwiederholungsfähigkeit und Schussgeschwindigkeit.Die Interventionsgruppen wurden entsprechend der folgenden sechs Schnelligkeitsleistungen unterteilt. Außerdem wurden drei weitere Untergruppen gebildet, um die Effekte durch Widerstandstraining, plyometrisches Training und Sprint-/Richtungswechseltraining getrennt zu erfassen. 

  • Sprungkraft: berücksichtigt wurden vertikale Sprünge, wobei sich die meisten Veröffentlichungen mit dem Countermovement Jump (CMJ), einer vertikalen Sprungbewegung ohne Zuhilfenahme der Arme, beschäftigen.

  • Sprintfähigkeit (linear): Die Sprints wurden bezüglich der Sprintzeit (in s) oder der maximalen Sprintgeschwindigkeit (in m/s) gemessen. Die Meta-Analyse erfasst Sprints zwischen 10 und 40 m. Die am häufigsten gemessene Distanz war 20 m.

  • Richtungswechsel mit Ball: Hier wurde die Zeit gemessen, die ein Spieler benötigt, um einen vorgegebenen, kompletten Richtungswechsel zu absolvieren. Unter den Veröffentlichungen war allerdings nur eine Studie, die diese Schnelligkeitsleistung erfasst [2].

  • Richtungswechsel ohne Ball: Bei dieser Schnelligkeitsleistung nutzten die Autoren unterschiedliche Messprotokolle, darunter den 10-8-8-10-Test, den 5-10-5-Agilitätstest, den Balsom-Agilitätstest oder den Illinois-Test.

  • Sprintwiederholungsfähigkeit: Hier wurde die Zeit erfasst, die ein Spieler benötigt, um mehrmals hintereinander ohne merklichen Geschwindigkeitsverlust Sprints zu absolvieren.

  • Schussgeschwindigkeit: Bei dieser Fertigkeit geht es um die Ballgeschwindigkeit (in m/s oder km/h) beim Schießen (dominantes Bein).

Die Interventionsdauer in den ausgewerteten Veröffentlichungen variiert zwischen sechs und 26 Wochen (im Durchschnitt 8,8 ± 3,5 Wochen), die Zahl der wöchentlich Trainingseinheiten (TE) variiert zwischen einer und fünf (im Durchschnitt 2,1 ± 0,7 TE). 29 Interventionen erfolgten während der Wettkampfperiode, zwölf in der Vorbereitungsperiode. Das Alter der Spieler lag zwischen 14 und 25 Jahren.

Ergebnisse: Positive Effekte von Konditionstraining sind spürbar

Die Ergebnisse bestätigen die These, dass sich die Spieler der Interventionsgruppen durch zusätzliches Konditionstraining in den sechs getesteten Schnelligkeitsleistungen verbessern konnten. Die Verbesserungen waren allerdings nicht groß und unterschieden sich in ihrer Gesamtwirkung nur gering voneinander. Sie waren klein oder moderat bei Sprüngen, Linearsprints, Richtungswechsel mit Ball, Sprintwiederholungsfähigkeit und Schussgeschwindigkeit. Größere Effekte zeigten sich nur beim Richtungswechsel ohne Ball (siehe Tabelle 2). 

Es werden die Effekte der Trainigsprogramme: Widerstand, Plyometrie, Sprint/RW und Kombi der getesteten Bewegungsformen: Sprungkraft, Linearsprint, RW mit Ball, RW ohne Ball, Sprintwiederholung und Schussgeschwindigkeit dargestellt.
Es werden die Effekte der Trainigsprogramme: Widerstand, Plyometrie, Sprint/RW und Kombi der getesteten Bewegungsformen: Sprungkraft, Linearsprint, RW mit Ball, RW ohne Ball, Sprintwiederholung und Schussgeschwindigkeit dargestellt.

Aus der Meta-Analyse lässt sich schließen, dass Trainer und Fitnesstrainer gezielte, konditionsfördernde Trainingsprogramme in ihre Trainingsplanung integrieren sollten. Damit können sie beim Spieler die Fähigkeiten verbessern, die über Tempo und Schnelligkeit und damit über den Erfolg von Aktionen im Spiel bestimmen. Im Vergleich der unterschiedlichen Trainingsprogramme hat sich das plyometrische Training als am wirkungsvollsten erwiesen. Dennoch lassen sich aus der Analyse keine konkreten Empfehlungen ableiten, welches Trainingsprogramm in welchem Ausmaß Tempo und Schnelligkeit bei bestimmten Bewegungen erhöht. Künftige Forschungen sollten daher die Effekte unterschiedlicher Trainingsprogramme mit verschiedenen Rahmenbedingungen präziser untersuchen, miteinander vergleichen und quantifizieren. 

Die Inhalte basieren auf der Originalstudie "Effects of different conditioning programmes on the performance of high-velocity soccer-related tasks: Systematic review and meta-analysis of controlled trials.", die 2018 im "International Journal of Sports Science & Coaching" veröffentlicht wurde.

Literatur

  1. García-Ramos, A., Haff, G. G., Feriche, B., & Jaric, S. (2018). Effects of different conditioning programmes on the performance of high-velocity soccer-related tasks: Systematic review and meta-analysis of controlled trials. International Journal of Sports Science & Coaching, 13(1), 129-151.
    Studie lesen
    1. Stølen T, Chamari K, Castagna C, et al. Physiology of soccer: an update. Sports Med 2005; 35: 501–536.

    2. Saez de Villarreal E, Suarez-Arrones L, Requena B, et al. Effects of plyometric and sprint training on physical and technical skill performance in adolescent soccer players. J Strength Cond Res 2015; 29: 1894–1903.

    3. Markovic G. Does plyometric training improve vertical jump height? A meta-analytical review. Br J Sports Med2007; 41: 349–355.

    4. Gonzalez-Badillo JJ, Rodriguez-Rosell D, Sanchez-Medina L, et al. Maximal intended velocity training induces greater gains in bench press performance than deliberately slower half-velocity training. Eur J Sport Sci 2014; 18: 772–781.

    5. Bishop D, Girard O and Mendez-Villanueva A. Repeated-sprint ability – Part II: recommendations for training. Sports Med 2011; 41: 741–756.