Wissen
Schlaf optimieren, um Leistung zu maximieren
Athleten haben oft eine schlechtere Schlafqualität als Nichtsportler
- Spitzenathleten neigen im Vergleich zu Nichtsportlern zu einem kürzeren Schlaf und einer schlechteren Schlafqualität.
- Organisatorische Rahmenbedingungen des Leistungssports beeinflussen die Schlafqualität.
- Ein Schlafmangel kann zu schlechteren Schnelligkeits- und Ausdauerleistungen führen und die kognitive Leistungsfähigkeit vermindern.
- Praktikable Strategien zur Optimierung des Schlafverhaltens sollen Athleten helfen.
Abstract
Bei Athleten kann ein unzureichender Schlaf mit den organisatorischen Rahmenbedingungen und der noch zu geringen Priorität des Schlafverhaltens, im Vergleich zu anderen Leistungsfaktoren, in Verbindung stehen. In einer Übersichtsstudie wurde nachgewiesen, dass ein unzureichender Schlaf die sportliche Leistungsfähigkeit negativ beeinflussen kann. Strategien zur Optimierung der Schlafqualität beinhalten Ansätze zur Verlängerung der Gesamtschlafdauer, der Verbesserung der Schlafumgebung und der Reduzierung von Störeinflüssen.
Athleten schlafen schlechter
Der Schlaf hat wichtige psychologische und physiologische Funktionen, die für den nächtlichen Regenerationsprozess und die sportliche Leistungsfähigkeit entscheidend sind. Spitzenathleten neigen im Vergleich zu Nichtsportlern zu einem kürzeren Schlaf (im Mittel 6,5 h bis 6,7 h pro Nacht) und einer schlechteren Schlafqualität [1]. Begründet liegt das u. a. an verschiedenen Einflussbedingungen (Wettkämpfe am Abend, Reisemüdigkeit, Zeitzonenverschiebung, Trainingszeitenwechsel, mentale Anspannung vor Wettkämpfen, ungewohnte Schlafumgebung) denen Sportler ausgesetzt sind. Doch was bedeutet dies für die sportliche Leistungsfähigkeit und mit welchen Strategien kann das Schlafverhalten verbessert werden, um Leistungseinbußen zu vermeiden?
Einfluss des Schlafs auf die sportliche Leistung und die Gesundheit
Ein Schlafmangel kann zu schlechteren Schnelligkeits- und Ausdauerleistungen führen [2]. Wird einem Athleten beispielsweise der Schlaf für eine komplette Nacht entzogen, zeigte sich eine Reduzierung der Glykogenspeicher in der Muskulatur sowie höhere Belastungsherzfrequenzen, Sauerstoffaufnahmen und Laktatausschüttungen (bei gleicher Belastungsintensität), wodurch die maximale Ausdauerdauerleistung sinkt. Ähnlich Effekte sind bei teilweisen Schlafentzug zu verzeichnen (4-5 h statt 7-8 h Schlaf).
Inwieweit Schlafmangel Kraftleistungen beeinflusst, ist nicht eindeutig. Es gibt Studien aus verschiedenen Sportarten, in denen keine Reduktion der anaeroben Leistung oder des Maximalkraftniveaus nach einer Nacht Schlafentzug festgestellt wurde. Jedoch konnte eine verringerte Maximalkraft nach drei aufeinanderfolgenden Tagen mit reduziertem Schlaf belegt werden. Zur Frage, ob mehr Schlaf zu mehr Leistung führt, gibt es bisher nur wenige Studien. Dennoch deuten diese an, dass eine Steigerung der Schlafdauer (durch Verlängerung des Nachtschlafs oder Nickerchen am Tag) u. a. Schnelligkeitsleistungen verbessern kann. Auch ein Einfluss auf kognitive Leistungen ist belegt. So wird die Wahrnehmung, Denkprozesse und das Lernverhalten durch einen Mangel an Schlaf negativ beeinflusst. Auch ein einmaliges „Schlafnachholen“ hilft da nur wenig. Außerdem führt eine geringere Schlafdauer (6-7 h/Nacht im Vergleich zu 8 h/Nacht) zu einem erhöhten Verletzungs- und Infektrisiko, einem höheren Body-Mass-Index (aufgrund eines veränderten Hormonspiegels und veränderter Essgewohnheiten) und einer verringerten Schmerztoleranz, was sich negativ auf die Gesundheit und dadurch auf die Leistung auswirkt.
Strategien zur Optimierung des Schlafverhaltens (Auswahl)
Strategie 1: Führe ein Schlafprotokoll für zwei Wochen. Erhöhe schrittweise die Schlafdauer um 15 Minuten (30 min bei einer derzeitigen Schlafdauer von unter 7 h) pro Nacht bis du dich während des gesamten Tages aufmerksam und erholt fühlst.
Strategie 2: Integriere regelmäßige Nickerchen. Beginne dafür am Wochenende bzw. trainingsfreien Tagen und plane genug Zeit ein, um wieder vollständig wach zu werden. Es werden Nickerchen von maximal 30 Minuten am frühen Nachmittag empfohlen.
Strategie 3: Entwickle eine angenehme Schlafumgebung. Die ideale Umgebung ist ruhig, kühl, dunkel und bequem. Vermeide elektronische Geräte im Schlafzimmer und nutze (wenn nötig) Schlafmasken, Ohrstöpsel oder beruhigenden Schlaf-Sound.
Strategie 4: Reduziere die Lichteinflüsse vor dem Schlafen, nutze eine Stunde davor keine Bildschirmtechnik mehr und nehme dir eine 30- bis 60-minütige Entspannungsphase (z. B.: Lesen, Stretching, ein Bad). Idealerweise solltest du kein Koffein (außerhalb der planmäßigen Nutzung für die Leistungsfähigkeit) nach dem Mittagessen mehr einnehmen und den Alkohol-/Nikotinkonsum am Abend (3-4 h vor dem Schlafen) vermeiden. Um einen konstanten Schlaf-Wach-Rhythmus zu stabilisieren, ist eine gleichmäßige Aufwachzeit wichtiger als eine gleichmäßige Einschlafzeit.
Strategie 5: Bei Reisen gilt als Daumenregel: Der Körper benötigt einen Tag pro Stunde Zeitverschiebung, um den Schlaf-Wach-Rhythmus anzupassen. Versuch den Rhythmus eventuell bereits vor der Reise an die Zeitverschiebung anzupassen.
Strategie 6: Vermeide auch typische Reiseeinflüsse, die unabhängig von der Zeitverschiebung sind: Dehydrierung, geringe Aktivität, Veränderung in den Ess- und Trinkgewohnheiten, akustischer Stress. Stretching, Schlafmasken und Ohrstöpsel können während des Fluges helfen.
Strategie 7: Sollte ein Athlet über Schlafstörungen/häufige Müdigkeit am Tag leiden und die aufgelisteten Strategien nicht helfen, kontaktiere eine spezielle Schlafklinik.
Strategie 8: Führe Leistungstests vor und 2-4 Wochen nach der Einführung einer Schlafstrategie durch. War die Strategie effektiv?
Praxistransfer
- Schlaf ist wichtig und anstatt zu Schlaftabletten/Koffein zu greifen, sollte ein Athlet die Strategien zur Optimierung des Schlafverhaltens nutzen.
- Empfehlungen zur optimalen Schlafdauer liegen abhängig vom Alter, der sportlichen Aktivität und individuellen Faktoren zwischen 7 bis 9 Stunden/Nacht. Die optimale Schlafdauer für Athleten liegt vermutlich über dem Durchschnitt von Nichtsportlern (erhöhter Regenerationsbedarf).
- Das optimale Schlafverhalten ist sehr individuell. Schlafprotokolle helfen, den optimalen Schlaf zu finden.
Autor des Textes ist Nico Walter vom Institut für Angewandte Trainingswissenschaft in Leipzig. Die Inhalte basieren auf der Originalstudie "Optimizing sleep to maximize performance: implications and recommendations for elite athletes.", die 2017 im "Scandinavian Journal of Medicine & Science in Sports" veröffentlicht wurde.
Weiterführende Links
Diese Studie teilen:
Literatur
- Simpson, N. S., Gibbs, E. L., & Matheson, G. O. (2017). Optimizing sleep to maximize performance: implications and recommendations for elite athletes. Scandinavian journal of medicine & science in sports, 27(3), 266-274.Studie lesen
Erlacher, D. & Gebhart, C. (2011). Wie schlafen Leistungssportler vor dem Wettkampf? Das Schlafmagazin, 2, 43-45. Zugriff unter Kleine-Möllhoff, M. (2017). Durch Schlaf zu mehr Leistung. Leistungssport, 47 (1), 15-17.
Fullagar, H. H., Skorski, S., Duffield, R., Hammes, D., Coutts, A. J. & Meyer, T. (2015). Sleep and athletic performance: the effects of sleep loss on exercise performance, and physiological and cognitive responses to exercise. Sports Med, 45 (2), 161-186.
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