Meine spannende Reise zur Pro Lizenz

Blogbeitrag von Marie-Louise Eta im Mai 2023

    • Seit 2021 Co-Trainerin im Juniorinnen-Bereich des DFB. Aktuell bei der weiblichen U17 Nationalmannschaft.
    • Zuvor trainierte die gebürtige Dresdnerin im Leistungszentrum von Werder Bremen die U14 und U15 Junioren.
    • Als Spielerin war sie unter anderem für Turbine Potsdam, den HSV und Werder Bremen aktiv. 2010 konnte sie mit Turbine Potsdam die Champions League gewinnen und wurde im gleichen Jahr mit den U20-Frauen Weltmeisterin.

Ich war gerade mit meinem Mann aus dem Urlaub zurückgekehrt und stand an der Einreisekontrolle des Hamburger Flughafens: mit dem Reisepass in der einen Hand und meinem Handy in der anderen. Es vibrierte. Eine E-Mail aus der DFB-Zentrale in Frankfurt. Gespannt öffnete ich das Postfach und traute meine Augen kaum: "Hiermit bestätigen wir Ihnen die Teilnahme am 68. Pro Lizenz Lehrgang." Vor Begeisterung vergaß ich fast den Mann am Schalter, der ungeduldig nach meinem Pass fragte. In Gedanken war ich längst schon auf meiner nächsten Reise unterwegs: einer spannenden und intensiven in die große (Trainer-)welt des Profifußballs.

Willkommen in der Reisegruppe  

Ich war nicht allein. Die 15 weiteren Teilnehmer lernte ich im Februar 2022 auf der Auftaktveranstaltung in Frankfurt kennen. Über 100 Bewerber*innen hatte es auf die wenigen freien Plätze gegeben und es erfüllte mich mit Stolz, nach der herausfordernden Eignungsprüfung mit 60 Teilnehmer*innen zu den wenigen Auserwählten zu gehören. Nun saß ich hier im Hotspot des Deutschen Fußball-Bundes – ein wenig nervös und aufgeregt – und hörte mir von Ausbildungsleiter Daniel Niedzkowski und dem Ausbilder*innen-Team den Fahrplan der folgenden 13 Monate an. Viele Präsenzphasen, Aufgaben im Online-Campus und vor allem Besuche und Hospitationen im Profifußball. Viele spannende Stationen sollten in der nächsten Zeit vor mir liegen. Meine Koffer blieben gepackt. Nächster Halt: Freiburg.

Erster Halt, erste Challenge

Im Schwarzwald stand ich vor einer großen persönlichen Herausforderung. Auf dem ITK referierte und präsentierte ich zum Thema „Den offenen Fuß im Offensivspiel finden“. Unser Chefausbilder Daniel Niedzkowski hatte mir diese tolle Chance ermöglicht, im Freiburger Europa-Park Stadion vor über 1000 Trainer*innen aus dem In- und Ausland eine Demo-Einheit mit den U17 Junioren des Sport-Clubs zu leiten.

Mittagessen mit „Kloppo“

Ab ins Ausland. Im Sommer bestiegen wir mit der Gruppe den Flieger und landete im Mutterland des Fußballs - um genau zu sein in Liverpool und bei der Frauen EM. Bei einem der größten Klubs der Welt trafen wir den seit vielen Jahren in der Verantwortung stehenden Cheftrainer Jürgen Klopp und sein Team und waren auch in der Akademie zu Gast. Es war unheimlich prägend und inspirierend, das Training zu sehen und sich mit einem der erfolgreichsten deutschen Trainer der Geschichte über Fußball austauschen zu können – auch am Mittagstisch in der Clubkantine. Von der Anfield Road und dem Besuch der tollen Frauen EM ging es zurück nach Deutschland, und zwar in den hohen Norden. Nächster Halt: Kiel.

Aufgrund eines Ausfalls im Funktionsteam durfte ich Holstein Kiels Cheftrainer Marcel Rapp nicht nur über die Schultern schauen, sondern kurzfristig tatkräftig unterstützen. Da ein Analyst die Reise zu einem anstehenden Auswärtsspiel nicht antreten konnte, durfte ich mit dem Team reisen und schließlich im Stadion von der Tribüne aus die Partie verfolgen. Zusammen mit den Co-Trainern übernahm ich die Aufgaben der Live-Analyse.

Mit diesen Eindrücken im Gepäck ging es weiter nach Leipzig. Dort stand Trainer Marco Rose und sein Team vor der Herausforderung, die freie Zeit während der Fußball-Weltmeisterschaft sinnvoll zu nutzen. Schließlich musste die Mannschaft – oder das, was nach Abzug der zahlreichen WM-Fahrer von ihr übrig geblieben ist – in der wochenlangen Pflichtspielpause weiterhin auf dem Platz stehen. Umso schöner war es für mich, dass ich innerhalb dieser kleinen Gruppe miterleben konnte, wie die Abläufe in solch einer Trainingswoche sind. Ich war bei allen Meetings und Ansprachen dabei, konnte beim individuellen und Kleingruppen-Training unterstützen, durfte bei einem Testspiel mit in die Kabine und während der Partie auf der Bank sitzen.

Meine Hospitation in Bremen glich einem Heimatbesuch. Bei Werder hatte ich als Spielerin meine Karriere beendet und im Leistungszentrum wichtige Schritte als Trainerin gemacht. Die Situation war eine völlig andere als zuvor in Leipzig. Die Saison lief inzwischen wieder und Werder steckte in einer kleineren Ergebniskrise. Mir imponierte es, wie Trainer Ole Werner die schwierige Phase moderierte und mit welcher Ruhe und Überzeugung die Mannschaft, das Funktionsteam und alle Mitarbeiter*innen im Club zusammenhielten. Andere Zeiten erlebte ich auf meiner nächsten Station beim 1. FC Union Berlin. Nicht nur wegen des sportlichen Höhenflugs war die Stimmung und Atmosphäre in der „Alten Försterei“ einzigartig. Im Trainerteam um Urs Fischer spürte ich das hohe Vertrauen und die große Erfahrung in einem sehr eingespielten Team. Detailarbeit, Einsatz und professionelle Routine bestimmten die erfolgreiche Zusammenarbeit, die Union bis in die Spitzengruppe der Bundesliga führte.
Es war einer meiner letzten Stopps auf der monatelangen Reise zur Pro-Lizenz, jedoch nicht der letzte.

Letzter Stop: Schweiz

Der letzte Vereinsbesuch sollte mich und die Reisegruppe noch einmal ins Ausland verschlagen. Beim FC Basel fand ich wieder eine ganz neue Situation vor. Der Verein hatte unmittelbar zuvor den Trainer entlassen und nun sprang Sportdirektor Heiko Vogel übergangsweise als Coach ein. Wie funktioniert ein Club in Krisenzeiten? Wie kann die Mannschaft und jeder einzelne Spieler zurück in die Erfolgsspur gebracht werden? Viele Fragen, mit denen ich mich in Basel auseinandersetzen durfte.

Fazit

Als Souvenirs meiner Reise bleiben: viele tolle Bekanntschaften, extrem spannende Inhalte, der Austausch mit Top-Expert*innen, Live-Erfahrungen aus dem nationalen und internationalen Profifußball sowie Einblicke in die Abläufe und Kulturen verschiedener Vereine. Eine Zeit, die unvergessen bleibt!

Es war unheimlich prägend und inspirierend, das Training zu sehen und sich mit einem der erfolgreichsten deutschen Trainer der Geschichte über Fußball austauschen zu können – auch am Mittagstisch in der Clubkantine.
Marie-Louise Eta über die Gespräche mit Jürgen Klopp