3 Fragen an

Paula Isringhausen

Über das Zusammenspiel zwischen Schlaf und Psyche

    • Diplom-Psychologin mit Schwerpunkt Klinische Psychologie
    • Sportpsychologin in der Akademie von Hertha BSC 
    • seit August 2022 beim DFB und aktuell Sportpsychologin der weiblichen U16-Nationalmannschaft
1) Welchen Einfluss hat Schlaf auf die Psyche?

Schlaf ist ein elementarer biologischer Prozess, der sowohl für den Körper als auch die Psyche absolut notwendig ist. Während des Schlafens laufen wichtige Reparaturprozesse im Körper ab, Stoffwechselprozesse werden optimiert und das Immunsystem gestärkt. Im nächtlichen Tiefschlaf werden Erlebnisse des Tages verarbeitet und Gedächtnisinhalte im Langzeitgedächtnis verfestigt (Konsolidierung). Nur wenn Gelerntes dort abgespeichert wird, entsteht eine dauerhafte Erinnerung, auf die wir am nächsten Tag zurückgreifen können. Schlafen wir schlecht, sind wir am nächsten Tag häufig unkonzentriert und weniger belastbar. Ein langfristig gestörter Schlaf erhöht das Risiko für psychische Erkrankungen, wie zum Beispiel Depressionen und Angststörungen. Umgekehrt beeinflussen Erlebnisse am Tag, wie Stress und Krisensituationen, den Schlaf negativ. Es besteht also eine wechselseitige Beziehung zwischen Schlaf und Psyche. Eine schlechte Nacht oder eine kurze Phase, in der man schlecht schläft, ist aber noch kein Grund, sich Sorgen zu machen. Erst wenn der Schlaf für mindestens drei Monate lang an mehr als drei Tagen in der Woche gestört ist (d.h. Einschlaf- oder Durchschlafschwierigkeiten, zu kurze Schlafdauer, keine Erholsamkeit am nächsten Morgen), sollte eine ärztliche Abklärung erfolgen, ob eine Schlafstörung vorliegt.

2) Warum tendieren wir dazu, Sorgen und Stress mit in den Schlaf zu nehmen?

Häufig sind wir tagsüber so mit unserem Alltag beschäftigt, dass keine Zeit für intensives Nachdenken bleibt. Wir fokussieren uns auf das, was wir gerade tun oder noch zu erledigen haben. Wenn wir am Abend zur Ruhe kommen, können Gedanken und Sorgen ins Bewusstsein kommen, für die wir tagsüber zu abgelenkt waren. Das ist normal und es ist sogar ratsam, den erlebten Tag am Abend in Ruhe zu reflektieren, da es die Konsolidierung in der Nacht fördert. Wenn jemandem sehr viele Gedanken im Kopf rumgehen und es schwerfällt, diese loszulassen, kann es helfen, ein Tagebuch zu führen. Durch das Aufschreiben der Gedanken können diese aus dem Kopf „fließen“ und so besser strukturiert und verstanden werden. Das Tagebuch kann auch dabei helfen, sich tägliche Gewohnheiten und Routinen bewusst zu machen. Oft sind wir so in unseren Abläufen verhaftet, dass wir gar nicht mehr bewusst überprüfen, ob uns diese überhaupt guttun. Wenn die Gedanken am Abend allerdings nicht aufhören und sehr lange und intensiv um ein bestimmtes Problem kreisen, wir also ständig am Grübeln sind ohne dabei zu einer Lösung zu kommen, dann ist es ratsam, sich an eine (Sport-)psychologin zu wenden.

3) Wie lässt sich mit innerer Unruhe in besonderen Situationen umgehen, zum Beispiel am Vorabend eines wichtigen Spiels?

Bei innerer Unruhe können Atemübungen oder Progressive Muskelrelaxation (PMR) helfen, die Gedanken zu ordnen und das Entspannen zu erleichtern. Solche Techniken zu beherrschen, ist nicht nur für das Einschlafen hilfreich, sondern auch, um sich vor einem Spiel optimal zu fokussieren und Nervosität und Anspannung abzubauen. Apps, die auch spezielle Entspannungstechniken für Sportler*innen anbieten, sind z.B. Mindance und 7Mind. Letztere App nutze ich regelmäßig in meiner Arbeit mit der weiblichen U16-Nationalmannschaft des DFB sowie im Verein bei Hertha BSC. Natürlich gibt es noch weitere Möglichkeiten, um die Schlafqualität zu verbessern. 

3 Umsetzungstipps

  • Während des Tages: Routinen mit konstanten Schlaf- und Aufstehzeiten festlegen – auch an den freien Tagen. Außerdem sollten Naps nicht länger als 30 Minuten dauern (Tiefschlafphase vermeiden!) und nach 15 Uhr nicht mehr stattfinden.  Ab 14 Uhr besser keinen Kaffee mehr konsumieren.
  • Am Abend: Blaulicht (Handy, Computer) in den letzten zwei bis drei Stunden vor dem Einschlafen vermeiden sowie elektronische Geräte – wenn möglich – aus dem Schlafzimmer entfernen. Die Flüssigkeitszufuhr reduzieren.
  • Vor dem Schlafengehen: Die Umgebung kühl, dunkel und bequem gestalten und somit für eine ruhige und entspannte Atmosphäre im Schlafzimmer sorgen.