Spielanalyse
José Mourinhos FC Porto – die Überraschungssieger
Wie José Mourinho den FC Porto 2004 zum Champions League-Titel führte.
Marius Fischer
Marius Fischer, Redakteur der DFB-Trainerzeitschrift „Fußballtraining“, analysiert Qualitätsmerkmale im internationalen Fußball. Nebenbei ist er als Spielanalyst bei Viborg FF in der dänischen Superliga tätig.
In unserer Serie werfen wir einen Blick in die Vergangenheit und analysieren die besten Teams, Spieler und Trainer der letzten 50 Jahre. In diesem Teil analysieren wir den FC Porto in den Jahren 2002 bis 2004 unter José Mourinho. Mit ihm gewannen die Portugiesen zunächst den UEFA Cup und ein Jahr später als großer Außenseiter sogar die Champions League.
Erfolgreiche Jahre
In nur zwei Spielzeiten feierte Mourinho acht Titel – bis auf den portugiesischen Pokal in der Saison 2003/2004 triumphierte seine Mannschaft in jedem möglichen Wettbewerb. In 126 Spielen unter Mourinho erzielte Porto im Schnitt 2,31 Punkte pro Spiel bei 90 Siegen und einem Torverhältnis von 252:95. Dabei überzeugten sie mit einer guten Balance aus kompakter Defensive und attraktivem Offensivspiel. Die Stars der Mannschaft waren der elegante Spielmacher Deco und Innenverteidiger Ricardo Carvalho, die Portugal 2004 auch ins Finale der Europameisterschaft führten.
Kompaktes Zentrum
Porto agierte zumeist in einer kompakten 4-3-1-2-Rautenformation. Dabei hielten die drei zentralen Mittelfeldspieler sehr kurze Abstände zueinander, um in Kombination mit der engen Viererkette vor allem das Zentrum möglichst stark zu verdichten. So gab es für den Gegner Raum in der Außenspur, die daraus häufig gespielten Flanken nahm der FC Porto jedoch gerne entgegen, da sie mit Ricardo Carvalho und Jorge Costa zwei große, kopfballstarke Innenverteidiger für die Strafraumverteidigung besaßen. Zwar wurde der Gegner in der heimischen Liga Nos auch immer mal wieder situativ hoch angelaufen, doch gerade in der Champions League gegen individuell überlegene Gegner fokussierte sich der FC Porto auf ein passiveres Mittelfeld- oder Abwehrpressing. In der Spielzeit 2003/2004 kassierten sie in 34 Partien nur 19 Gegentore.
Schnelles Umschaltspiel
Aus dieser kompakten 4-3-Defensivstruktur heraus versuchte Porto, tiefe Ballgewinne zu erzielen und anschließend schnell umzuschalten. Der kreative Zehner – zumeist der Portugiese Deco – und vor allem die zwei Stürmer hielten sich dafür permanent auf Höhe des Mittelkreises auf, um eine direkte Anspielstation für schnelle Konter zu bieten. Im letzten Drittel zeigte sich Porto anschließend sehr zielstrebig und abschlussstark – häufig wurden nach der Balleroberung nur drei bis vier Pässe bis zum Torerfolg gespielt.
Nach einem Ballgewinn passt der Innenverteidiger (IV) zu Deco.
Deco dribbelt in der Zentrumspur nach vorne ...
... und passt in den Lauf von Alenichev, der nach vorne dribbelt.
Alenichev passt zurück zu Deco, der mit dem zweiten Kontakt ins Tor abschließt.
Schnittstellenspiel und hohe Flanken
Im Angriffsdrittel gegen einen geordneten Gegner wurde der FC Porto vor allem nach Tiefenläufen in den Halb- und Außenspuren mit anschließenden Flanken gefährlich. Im Spiel über den Dritten schafften sie es immer wieder, die Mittelfeldspieler oder Außenverteidiger durch Schnittstellen- oder Chippässe in den gefährlichen Räumen freizuspielen. Im Flankenspiel überzeugte Porto durch eine sehr gute Strafraumbesetzung und aufeinander abgestimmte Freilaufbewegungen, wodurch sie viele einfache Kopfballtore erzielen konnten.
Der Innenverteidiger (IV) passt zum Außenverteidiger (AV), der auf den zentralen Mittelfeldspieler (ZM) weiterleitet.
Der ZM spielt einen Chippass in den Lauf von Deco.
Deco flankt mit dem Außenspann in den Strafraum, ...
... wo Maniche den Ball volley ins Tor schießt.
Der Außenverteidiger (AV) passt zu Deco.
Deco spielt einen langen Schnittstellenpass in den Lauf von ...
... Derlei, der am Torhüter vorbei ins Tor schießt.
Deco erhält in der Zentrumsspur den Ball und spielt einen langen Schnittstellenpass auf ...
... den Stürmer (ST), der den Ball mitnimmt und aus dem Lauf aufs Tor schießt.
Der erste von vielen Titeln
Zuvor in Spanien nur als Co-Trainer aktiv, feierte Mourinho beim FC Porto seine ersten großen Erfolge als Chefcoach. Ein Erfolgsrezept war seine zur damaligen Zeit revolutionäre taktische Periodisierung im Training, die ihm mehr Zeit zur Vorbereitung auf den nächsten Gegner gab und noch heute vielen Trainern als Vorbild dient. Mourinho gilt mit 26 Vereinstiteln als einer der erfolgreichsten Trainer der Welt – die Champions League konnte er nach dem ersten Erfolg mit Porto noch ein weiteres Mal in der Saison 2009/2010 mit Inter Mailand gewinnen.
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