Spielanalyse
Xavi Simons – auf Umwegen zur Weltklasse?
Der junge Niederländer hat bei der PSV Eindhoven den Durchbruch geschafft.
Marius Fischer
Marius Fischer, Redakteur der DFB-Trainerzeitschrift „Fußballtraining“, analysiert Qualitätsmerkmale im internationalen Fußball. Nebenbei ist er als Spielanalyst bei Viborg FF in der dänischen Superliga tätig.
Nach nur wenig Spielzeit bei Paris Saint Germain konnte Xavi Simons in der Eredivise endlich sein Potenzial zeigen. Konstant starke Leistungen bringen ihn nun wieder auf den Zettel der ganz großen Teams. Wir haben uns den 20-jährigen Offensivspieler genauer angesehen.
(Zu) großer Hype
Simons wurde in der berühmten La Masia vom FC Barcelona ausgebildet. Er war erst 15 Jahre alt, als schon die ersten Highlight-Videos des Niederländers im Internet kursierten. Schnell entstand ein großer Hype, der sogar in Vergleichen mit Lionel Messi gipfelte. Für die erste Mannschaft von Barca lief Simons jedoch nie auf und auch für Paris Saint Germain, die ihn bereits mit 16 Jahren verpflichteten, brachte er es nur auf elf Pflichtspieleinsätze. Bei seinem Wechsel nach Eindhoven im Sommer 2022 galt Simons bereits als gescheitertes Talent – trotz seiner damals erst 19 Jahre. Mittlerweile sind diese Rufe verstummt und Simons steht nach einer hervorragenden Saison erneut vor dem Sprung in eine Topmannschaft.
Abschlussstark
Besonders die Torquote von Simons ist beeindruckend: 22 Treffer erzielte er wettbewerbsübergreifend in der abgelaufenen Saison. Damit "überpeformte" er seinen Expected Goals Wert um sechs Tore – ein Beweis für seine enorme Abschlussqualität. Nominell startete Simons zumeist als linker Flügelstürmer im 4-3-3 – er agierte dabei jedoch sehr flexibel und bewegte sich häufig in der Halb- oder Zentrumsspur, wie auch seine Heatmap zeigt. Seine Tore erzielte Simons auf unterschiedliche Art und Weise: Kraftvolle Distanzschüsse, Abstauber aus kurzer Distanz oder präzise Abschlüsse nach langem Dribbling. Ein gutes Timing bewies er bei seinen Tiefenläufen hinter die Abwehrkette.
Sangaré spielt einen hohen Schnittstellenpass auf Simons.
Simons dribbelt in hohem Tempo aufs Tor ...
... und schießt den Ball platziert ins Tor.
Sangaré passt zu De Jong. Simons startet einen Tiefenlauf.
De Jong lässt in den Lauf von Simons klatschen ...
... der aufs Tor dribbelt ...
... und den Ball ins Tor schießt.
Starker Passgeber
Neben seiner Torgefahr legte Simons zusätzlich auch elf Treffer direkt auf. Dabei halfen ihm zum einen seine hohe Kreativität und Spielfreude und zum anderen seine hervorragende Technik. Besonders in offensiven Umschaltaktionen war Simons mit seinem hohen Tempo und seiner engen Ballführung nur schwer zu verteidigen. Die Verteidiger agierten häufig etwas passiver, um nicht ausgespielt zu werden. Diesen zusätzlichen Raum nutzte Simons für gefühlvolle Flanken (gerne auch mit dem Außenrist) oder präzise Cutbacks. Einzig bei den Schnittstellenpässen (0.93 pro 90 Minuten) hinter die gegnerische Abwehr lag Simons im ligaweiten Vergleich etwas zurück. Allerdings lag das zu großen Teilen am Spielstil von Simons und der PSV und weniger an seiner Qualität. Da er zumeist mit Luuk De Jong einen klassischen, großen Mittelstürmer neben sich hatte, war es meistens Simons selbst, der die Läufe in die Tiefe anbot.
Simons spielt einen Doppelpass mit Bakayoko ...
... und spielt einen flachen Rückpass auf De Jong, der aus kurzer Distanz ein Tor erzielt.
Nach einem Ballgewinn bekommt Simons den Ball in den Lauf gespielt.
Simons dribbelt in den Stafraum ...
... und bereitet per Außenristflanke ein Tor vor.
Dynamisches Dribbling
2.65 erfolgreiche Dribblings und 5.05 progressive Läufe pro 90 Minuten waren ein Topwert in der vergangenen Saison. Simons große Stärke ist, dass er im Dribbling ein sehr hohes Tempo erreichen kann und dennoch den Ball sehr eng am Fuß führt. So ist er nur schwer vom Ball zu trennen und gehörte zudem zu den meist gefoulten Spielern der Liga (2.28 Mal pro 90 Minuten). Diese Dynamik erlaubt es ihm auch, sich ab und an tiefer ins Aufbauspiel fallen zu lassen und aus dieser Position offene Räume zu attackieren.
Der Schritt in die Elite?
Mit seiner hervorragenden Saison hat Simons in Europa wieder auf sich aufmerksam gemacht. Die besten Karten besitzt aktuell Paris Saint Germain, die ihn per Rückkaufklausel zurück nach Frankreich holen können. Wenn er sich weiterhin in diesem hohen Tempo weiterentwickelt, ist ihm durchaus eine Schlüsselrolle bei den Parisern zuzutrauen. Damit würde seine Karriere bisher der von Martin Ödegaard ähneln: Früh zum Wunderkind hochgejubelt konnten auch er die Erwartungen zunächst nicht erfüllen – über Umwege (unter anderem eine Station in den Niederlanden) hat er sich beim FC Arsenal jetzt doch noch zum Weltklassespieler entwickelt.
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