Spielanalyse

Newcastle United – die Wiedererstarkten

Die Magpies stehen vor dem ersten Einzug in die Champions League seit 25 Jahren.

Newcastle United bejubelt einen Treffer gegen Brentford.
  1. Marius Fischer

    Marius Fischer, Redakteur der DFB-Trainerzeitschrift „Fußballtraining“, analysiert Qualitätsmerkmale im internationalen Fußball. Nebenbei ist er als Spielanalyst bei Viborg FF in der dänischen Superliga tätig.

Der Verein aus dem Nordosten Englands wurde im Oktober 2021 von einer saudi-arabischen Investorengruppe übernommen und befindet sich seither im sportlichen Aufschwung. Der aktuell dritte Tabellenplatz würde zur Teilnahme an der Champions League berechtigen. Was macht Newcastle so stark?

Der Trainer als Schlüssel

Obwohl Newcastle seit der Vereinsübernahme bereits über 300 Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben hat und den Kader dadurch qualitativ deutlich verbessert hat, fand die wohl wichtigste Investition auf der Trainerbank statt: Mit Eddie Howe verpflichteten die Magpies einen talentierten englischen Chefcoach, dem zuvor mit dem FC Bournemouth der Durchmarsch von der dritten Liga bis in die Premier League gelungen ist. Howe hat aus den vielen Einzelkönnern eine Mannschaft geformt, die in dieser Saison mit den besten der Liga mithalten kann.

Defensivbollwerk

Dabei setzt Howe konsequent auf eine klassische 4-3-3 Grundordnung. Schlüsselspieler wie Rechtsverteidiger Kieran Trippier, der Brasilianer Bruno Guimarães oder Alexander Isak sind allesamt erst nach Newcastles Finanzspritze zum Kader gestoßen und haben dem Verein ein neues fußballerisches Gesicht gegeben. Dabei definiert sich Newcastle vor allem über eine kompakte Defensive: 21 Gegentore in 29 Spielen sind Bestwert in der Premier League.

Variables Pressing

Newcastle hat den sechstniedrigsten PPDA-Wert der Liga. Sie lassen im Schnitt nur zehn gegnerische Pässe zu, bis sie eine Defensivaktion starten. Dabei agieren sie in der Pressinghöhe flexibel. Gegen qualitativ unterlegene Gegner laufen sie gerne hoch im 4-3-3 an und wollen lange Bälle erzwingen. Gegen die Topteams der Liga lassen sie sich oft in ein 4-5-1 Mittelfeldpressing fallen und fokussieren sich auf das Zustellen von Passwegen.

    1. Der gegnerische Linksverteidiger (LV) passt zum Innenverteidiger (IV), der umgehend von Wilson angelaufen wird.

    2. Der IV leitet zum anderen IV weiter, den Gordon ebenfalls unter Druck setzt.

    3. Der IV passt zum zentralen Mittelfeldspieler (ZM), der sofort unter Druck gerät und daraufhin einen ungenauen langen Pass in die Tiefe spielt – Ballgewinn Newcastle!

    1. Newcastle verteidigt im 4-5-1. Mit dem Pass zwischen den gegnerischen Innenverteidigern (IV) startet Isak das Pressing.

    2. Der IV passt zum Linksverteidiger (LV), der sofort von Gordon angelaufen wird.

    3. Der LV spielt unter Druck einen Pass in die Tiefe, den Longstaff jedoch problemlos abfangen kann.

Spielaufbau und Herausspielen von Torchancen

Auch wenn Newcastle grundsätzlich im 4-3-3 versucht, flach von hinten aufzubauen, suchen sie unter Druck gerne den direkten Weg zum gegnerischen Tor und spielen schnell in die Tiefe. Vor allem der zentrale Mittelfeldspieler Joelinton, der früher in der Bundesliga bei der TSG Hoffenheim noch als Mittelstürmer agierte, spielt im Aufbau eine entscheidende Rolle: Er kann sich sowohl fallen lassen und als Wandspieler fungieren als auch mit Tiefenläufen hinter die gegnerische Abwehrkette für lange Bälle zur Verfügung stehen.

    1. Schär spielt einen Doppelpass mit Bruno. Joelinton bewegt sich entlang der Abwehrlinie in Richtung Halbspur.

    2. Anschließend spielt Schär einen langen Pass in den Lauf von Joelinton, ...

    3. ... der den Ball annimmt, den Torhüter umdribbelt und ein Tor erzielt.

    1. Nach einem Ballgewinn dribbelt Bruno in der Zentrumsspur an.

    2. Bruno spielt einen langen Flugball auf Joelinton, ...

    3. ... der mit Tempo in den Strafraum dribbelt ...

    4. ... und per Flachschuss in die ballferne Ecke erfolgreich abschließt.

Ausblick

Auch wenn Newcastle in den vergangenen zwei Transferperioden viel Geld in den Kader investiert hat, wäre die direkte Qualifikation zur Champions League in der ersten vollen Saison unter Eddi Howe dennoch eine große Überraschung. Howe hat es schneller als erwartet geschafft, die technisch versierten Offensivspieler in ein funktionierendes taktisches Konzept zu packen. Mit weiteren cleveren Investitionen könnte Newcastle in den kommenden Jahren in die Elite des englischen Fußballs eindringen.

Es gibt keine magische Erfolgsformel. Es geht um harte Arbeit auf dem Trainingsplatz und die richtige Mentalität.
Eddie HoweTrainer von Newcastle United
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