Spielanalyse

Real Betis Balompié - auf dem Weg nach Europa

Die "Los Verdiblancos" wollen die Vorherrschaft in Sevilla erlangen.

Real Betis jubelt über den Pokalerfolg.
  1. Marius Fischer

    Marius Fischer, Redakteur der DFB-Trainerzeitschrift „Fußballtraining“, analysiert Qualitätsmerkmale im internationalen Fußball. Nebenbei ist er als Spielanalyst bei Viborg FF in der dänischen Superliga tätig.

Real Betis (im deutschen Sprachraum allgemein bekannt als Betis Sevilla) kann auf eine erfolgreiche Saison zurückblicken: Neben einem starken 5. Platz in La Liga konnte man das erste Mal seit 2005 auch wieder den spanischen Pokal gewinnen. Was zeichnet die Mannschaft von Trainerurgestein Manuel Pellegrini aus und wie weit ist man noch vom ewigen Stadtrivalen FC Sevilla entfernt?

Kontrollierter Spielaufbau

Real Betis hat seine Stärken in der Offensive. Die erzielten 62 Tore waren der fünftbeste Wert in der abgelaufenen Saison in La Liga. Dennoch agieren die Andalusier im Spielaufbau und Angriffsspiel zumeist sehr geduldig und kontrolliert. Das zeigen auch die 54% Ballbesitz in der abgelaufenen Saison. Aus einer 4-2-3-1 Grundformation heraus setzt Real Betis konsequent auf einen flachen, geordneten Spielaufbau mit vielen Positionswechseln und kurzen Pässen, um den Gegner ins Pressing zu locken. Die dadurch entstehenden Räume werden häufig durch linienbrechende Vertikalpässe bespielt, um anschließend mit Tempo ins Angriffsdrittel einzudringen.

Häufigste Startaufstellung und Grundformation von Betis in der Saison 2021/22
    1. Bartra passt zu Guardado, der zurück auf Bartra klatschen lässt.

    2. Bartra spielt einen Vertikalpass auf den eingerückten Canales, der aufdreht ...

    3. ... und in die rechte Außenspur zu Sabaly passt.

    1. Pezzella passt zu Rodríguez. Canales lässt sich zurückfallen.

    2. Rodríguez spielt einen Vertikalpass zu Fekir. Canales startet mit dem Pass einen Tiefenlauf, ...

    3. ... wird von Fekir in den Lauf angespielt und dribbelt mit viel Tempo in den freien Raum vor sich.

Real Betis Unterschiedsspieler Nabil Fekir

Die meisten ballbesitzorientierten Mannschaften benötigen einen Unterschiedsspieler in der Offensive, der auch gegen tiefstehende Gegner und in engen Räumen mit einer genialen Einzelaktion – einem Dribbling, einem Schnittstellenpass oder einem Distanzschuss – für Torgefahr sorgen können. Bei Real Betis übernimmt diese Rolle Nabil Fekir. Der technisch versierte französische Nationalspieler erzielte in der abgelaufenen Ligaspielzeit sechs Tore selber und bereitete zwölf Großchancen und acht Treffer direkt vor. Fekir tritt zudem sämtliche Standardsituationen bei Real Betis und sorgt auch hierbei immer wieder für gefährliche Aktionen (zwei direkte Freistoßtore und eine direkt verwandelte Ecke in der abgelaufenen Saison). Positionstechnisch agiert er zumeist im Zentrum zwischen den zwei anderen Kreativspielern Sergio Canales und Juanmi, wobei er gerade mit Canales immer wieder die Position tauscht und in die Außenspur ausweicht – dies zeigt auch seine Heatmap.

Heatmap von Nabil Fekir 2021/22
    1. Carvalho spielt einen Vertikalpass zu Fekir, der mit der Ballannahme nach vorne andribbelt.

    2. Am Strafraum angekommen erzielt Fekir per Distanzschuss ein Tor.

Spezialist für Standardsituationen

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Pressing und Gegenpressing

Im Pressing agiert Betis aggressiv und intensiv. Mit einem PPDA-Wert (Passes per defensive action) von 9.4 befand man sich unter den Teams, die in der abgelaufenen Saison am häufigsten hoch gepresst haben. Fekir unterstützt den Stürmer häufig und presst in vorderster Linie, so dass eine 4-4-2-Struktur entsteht. Aus dieser Grundordnung heraus will Betis den Gegner in die Außenspur drängen und dort hohe Ballgewinne erzielen. Durch die tiefe Positionierung der äußeren Mittelfeldspieler, die sich häufig auf einer Linie mit den beiden Sechsern befinden, ist Betis anfällig für Vertikalpässe in den Raum vor der Abwehrkette. Verschieben die Mittelfeldspieler nicht sauber, öffnen sich immer wieder Passwege für den Gegner.

    1. Der gegnerische zentrale Mittelfeldspieler (ZM) passt zum Innenverteidiger (IV). Dieser wird von Fekir angelaufen.

    2. Real Betis presst in einer 4-4-2 Struktur. Über den Außenverteidiger (AV) kann der Gegner das Pressing auflösen und zum ZM passen.

    3. Der gegnerische ZM nutzt den freien Raum zwischen Abwehrkette und Mittelfeld bei Betis aus und spielt einen Vertikalpass auf den offensiven Mittelfeldspieler (OM).

Ausblick

Real Betis spielte die beste Saison seit 18 Jahren und konnte sowohl national als auch in der Europa League gute Ergebnisse erzielen. Manuel Pellegrini hat es geschafft, die talentierten Techniker wie Nabil Fekir oder Sergio Canales in ein funktionierendes Teamgefüge einzubauen und das Beste aus ihnen herauszuholen. In der abgelaufenen Saison musste man dem Stadtrivalen vom FC Sevilla noch den Vortritt in La Liga lassen – die fünf Punkte Rückstand sind vor allem auf die beiden verlorenen direkten Duelle gegen die Rojiblancos zurückzuführen. Wenn Betis den Kern des Kaders zusammenhalten kann und in der nächsten Saison vor allem defensiv noch konstanter agiert, könnten sie der der Nummer Eins in Sevilla noch ein Stück näher kommen.

Erst wenn du einem Spieler Zeit und Raum gibst, kann er die besten Entscheidungen treffen und Tore erzielen.
Manuel PellegriniTrainer von Real Betis Balompié
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