Spielanalyse

Zinedine Zidane – der klassische Zehner

Was zeichnete einen der besten Spielmacher aller Zeiten aus?

Zidane beim Torschuss im CL-Finale 2002 gegen Bayer Leverkusen.
  1. Marius Fischer

    Marius Fischer, Redakteur der DFB-Trainerzeitschrift „Fußballtraining“, analysiert Qualitätsmerkmale im internationalen Fußball. Nebenbei ist er als Spielanalyst bei Viborg FF in der dänischen Superliga tätig.

In dieser Serie werfen wir einen Blick in die Vergangenheit und analysieren die besten Teams, Spieler und Trainer der letzten 50 Jahre. Diesmal analysieren wir den ehemaligen französischen Spielmacher Zinedine Zidane, der mit seiner Eleganz und Technik eine ganze Generation von Fußballer*innen inspirierte.

Spätzünder

Zinedine Zidane gewann als Spieler alle wichtigen Pokale und Titel. Dabei gelang ihm der Durchbruch erst vergleichsweise spät in seiner Karriere. Während heutzutage viele Spieler bereits in sehr jungen Jahren zu Stars heranwachsen, gelang Zidane erst mit 24 Jahren der Sprung zu einem Topverein. Nach konstant guten Leistungen für Girondins Bordeaux in der Ligue 1 wechselte der Franzose 1996 zu Juventus Turin nach Italien und gewann in seinen ersten zwei Spielzeiten jeweils die italienische Meisterschaft. Seinen Durchbruch auf internationaler Ebene feierte Zidane 1998 mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft im eigenen Land und zwei Toren beim 3:0 Sieg im Finale gegen Brasilien. Im selben Jahr wurde Zidane mit dem Ballon D'or für den besten Spieler der Welt ausgezeichnet. Drei Jahre später wechselte er zu Real Madrid, mit denen er 2002 seinen einzigen Champions League Titel gewinnen konnte.

Einzigartiger Spielstil

Zinedine Zidane besaß eine hervorragende Technik und Ballkontrolle. Sein Spiel war geprägt von einer ausgesprochen großen Eleganz. Im Gegensatz zu vielen anderen genialen Technikern jener Zeit, wie beispielsweise dem Brasilianer Ronaldinho, war Zidane gradliniger und zielstrebiger in seinen Aktionen. Oft reichte ihm eine simple Körpertäuschung oder ein schneller Übersteiger aus, um seinen Gegenspieler zu umdribbeln. Dabei wurde der "Marseille-Turn", bei der sich Zidane mit einem Sohlendribbling um seinen Gegner drehte, zu seinem Markenzeichen.

Der "Marseille-Turn" entwickelte sich zu Zidanes Markenzeichen.
Genialer Passgeber

Zidane verteilte in seiner Vereinskarriere 138 Torvorlagen. Er besaß eine hervorragende Fußballintelligenz und konnte Laufwege seiner Mitspieler und freie Räume sehr gut antizipieren. Dazu "gewichtete" er seine Pässe stets sehr passend. Der Franzose wusste genau, wann er den Ball in den Fuß und wann in den Raum spielen musste. Dadurch gelangen ihm in seiner Karriere sehr viele Schnittstellenpässe durch gegnerische Abwehrketten. Darüber hinaus schoss Zidane gefährliche Standardsituationen – ein Drittel aller Assists resultierten aus präzise getretenen Eckbällen und Freistößen.

    1. Ronaldo lässt ein Zuspiel aus der Mittelspur auf Zidane klatschen.

    2. Zidane chipt den Ball mit dem ersten Kontakt in den Lauf von Ronaldo, ...

    3. ... der mit Tempo aufs Tor zudribbelt ...

    4. ... und am Torhüter vorbei ins Tor trifft.

    1. Guti spielt einen Vertikalpass in die linke Halbspur auf Zidane.

    2. Zidane spielt einen Schnittstellenpass auf Ronaldo ...

    3. ... der am Torhüter vorbei ins Tor trifft.

Torgefahr aus der Tiefe

Durch seine sehr gute Schusstechnik und Ballkontrolle erzielte Zidane eine Vielzahl an Traumtoren in seiner Karriere. Eines der bekanntesten war sein Treffer im Champions League Finale 2002, als er eine hohe Flanke von Roberto Carlos mit seinem schwächeren linken Fuß volley ins obere Toreck schoss. Doch Zidane startete auch gerne aus der Tiefe hinter die gegnerische Abwehrkette und besaß bei seiner Positionierung im Strafraum sowohl ein gutes Timing als auch einen starken Torinstinkt. Im 1-gegen-1 mit dem Torhüter half ihm seine Beidfüßigkeit dabei, den Ball regelmäßig im Tor unterzubringen.

    1. Raúl spielt einen Schnittstellenpass in den Lauf von Zidane.

    2. Zidane dribbelt auf das Tor zu ...

    3. ... und lupft den Ball über den Torhüter ins Tor.

    1. Carlos spielt einen Doppelpass mit Solari, der den Ball in den Lauf von Carlos chipt.

    2. Unter Druck spielt Carlos eine sehr hohe Flanke an den Strafraum zu Zidane, ...

    3. ... der den Ball mit seinem schwächeren linken Fuß per Volley ins Tor schießt.

Der letzte Tanz

Nachdem Zidane im Alter von 34 Jahren eigentlich schon seine Karriere beendet hatte, gab er zur Weltmeisterschaft 2006 sein Comeback und führte die Franzosen als Kapitän acht Jahre nach seiner ersten WM erneut ins Finale. Trotz einiger Stimmen im Vorfeld des Turniers, die Zweifel an Zidanes körperlicher Verfassung äußerten, spielte er ein sehr gutes Turnier. Er erzielte drei Tore selbst und bereitete einen weiteren Treffer vor. Dazu hatte er 80 Ballkontakte pro Spiel, brachte 86% seiner Pässe erfolgreich zum Mitspieler und absolvierte 2,5 erfolgreiche Dribblings pro Spiel. Das Finale verlor seine Mannschaft letztlich im Elfmeterschießen, nachdem Zidane zuvor nach einer Tätlichkeit in der Verlängerung die Rote Karte sah.

Im Halbfinale der WM 2006 gegen Brasilien gelang Zidane eines der besten Spiele seiner Karriere.
Erfolgreiche Trainerkarriere

2016 startete Zidane seine Trainerkarriere und wurde Chefcoach bei Real Madrid, dem Club, bei dem er zuvor seine aktive Spielerkarriere beendete. Mit den Königlichen gewann Zidane als erster Trainer überhaupt dreimal in Folge die Champions League und wurde 2017 von der FIFA zum Welttrainer des Jahres gewählt.

Einer der besten Spieler aller Zeiten. Was Zidane mit dem Ball anstellte, wird für immer in Erinnerung bleiben. Es war eine Ehre, mit ihm zusammengespielt zu haben.
Roberto CarlosEhemaliger Teamkollege bei Real Madrid
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